Von Guido Dörheide (21.05.2025)
Jahaa, hihi – Panzerballett sind zurück, seit „X-Mas Death Jazz“ (2017) und „Planet Z“ (2020) gab es nichts Neues von den Münchnern um Mastermind Jan Zehrfeld – dafür hauen sie jetzt mit „Übercode Œuvre“ umso mehr auf die Zwölf, und das soll nun hier auf KrautNick auch mal gefeiert werden.
Panzerballett gibt es seit mittlerweile rund 20 Jahren, ins Hauptaugenmerk reingetreten sind sie uns durch brutalste Coverversionen beliebter Musikstücke und auch durch diverse Eigenkompositionen (wobei man bei den Coverversionen auch nicht wirklich von Fremdkompositionen reden kann, der ureigene Stempel, den Panzerballett jedem gecoverten Stück aufdrücken, ist tonnenschwer und nicht zu überhören). Jan Zehrfeld ist der Gitarrist und Chef der Band, der sich das alles ausdenkt, er ist studierter Musiker (Jazzgitarrist) und seine Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 trägt den Titel „Analyse und Darstellung der stilistischen Entwicklung der schwedischen Heavy-Metal-Band Meshuggah“. Mit „Übercode Œuvre“ legen Zehrfeld & Co. das bereits achte Album seit Bestehen der Band vor und endlich mal wagen sie sich an ein Stück der in Zehrfelds Diplomarbeit besungenen schwedischen Progressive-Technical-Death-Experimental-Metal-Institution Meshuggah heran – und zwar ausgerechnet an „Bleed“ vom 2008er Album „ObZen“. Oha. „Bleed“ ist wirklich ein Okolyth von einem Song, und – das sollte jetzt unter uns bleiben – es gefällt mir auch weiterhin von Meshuggah besser als von Panzerballett, aber toll und gut gelungen ist die Coverversion allemal. Vor allem das Schlagzeuggetacker nach dem erstanfänglichen Instrumentaleingespiele ist großartig, die dann einsetzende Gitarre erinnert mich mehr an John Coltranes Saxophon als an Fredrik Thordendals Gitarre, was erstmal Schmerzen in den Ohren bedeutet, das ganze Unterfangen aber nicht schlechter macht, und vor allem kommen wir hier mit Vehemenz zu dessen, was Panzerballett ausmacht: Die Truppe um Jan Zehrfeld bedient sich des Instrumentariums des Heavy Metal, aber was sie damit machen, ist Jazz.
Die Musik von Panzerballett ist immer anstrengend, soviel steht fest, und neben großartigem Schlagzeug mit wechselnden Akteuren wie Virgil Donati, Marco Minnemann und Anika Nilles kriegen wir auch immer schön viel Saxophon um die Ohren gehauen – Florian Fennes spielt es auf dem aktuellen Album. Das unterstreicht den Jazz-Anspruch der Formation, und die Musik ist meistens instrumental. Wenn sie das mal nicht ist, wie zum Beispiel auf „Ode To Joy“, dann nervt es leider. Der Text von „Freude, schöner Götterfunken“ war immer schon scheiße und bleibt es auch hier. Die ans Ende der Platte gestellte Instrumentalversion gefällt dann schon eher.
Großartig aber ist „The Four Seasons: Summer“, der dritte Track des Albums; hier nehmen Zehrfeld & Co. den Sommer-Teil von Vivaldis Vier Jahreszeiten auseinander, und das machen sie großartig. Das darauf folgende „Alien Hip Hop“ ist das Highlight des Albums, wie ich finde, diesen Song hätten sich auch Miles Davis und Herbie Hancock zu Zeiten von „Bitches Brew“ ausdenken können, mit einer kleinen Hilfe von Fredrik Thordendal (zu Zeiten von „ObZen“). Hammer!
„Andromeda“ ist auch wieder reiner Jazz, dann „Ode To Joy“, das stehen wir irgendwie durch, „Pick Up The Pieces“ ist aber wieder grandios, Gitarrenpalmgemute und Saxofon, dann akustisches Picking auf der Gitarre im Dialog mit den Bläsern – das ist hektisch, das ist funky, das ist schön! Ebenso schön ist „The Devil’s Staircase“, das mit viel dumpfer Gitarre beginnt und sich dann in hellere Höhen schraubt. Hier zeigen die Instrumentenspieler, was sie draufhaben, und das ist allerhand. Danach dann „Ode To Joy“ ohne den nervigen Gesang, aber ganz ehrlich – sogar die Melodie nervt schon kolossal. Wat den ein siene lütte Nachtmusik, is den annern sien Götterfunken. Sorry, Beethoven, aber da haben Sie eben das Pendant zu Wham!s „Last Christmas“ erschaffen, das kann man sich einfach nicht schönhören. We built this City. Worauf auch immer, wahrscheinlich auf Elüsium.
Wobei das Instrumental wirklich toll ist, wenn es die Elysium-Pfade des Originals verlässt. Der anschließende Bonus-Track „Andromedaron“ ist auch nochmal eine tolle Fusion aus Jazz und Extreme Metal – es fängt mit viieel Saxophon an und mit tollen Melodien, und erst nach über vier Minuten kommen die Gitarren hinzu – aber die haben es in sich, grooven wie Sau und duellieren sich auf das Vortrefflichste mit den Holzblasinstrumenten – ein toller Abschluss für ein großartiges, wenn auch nicht supereingängiges Album.