NFD – Trinity EP – Gothic Citadel Records 2023

Von Matthias Bosenick (30.01.2023)

Irgendwie klingt die Hälfte der Songs dieser „Trinity EP“ von NFD wie ein und derselbe Song. Was daran liegen mag, dass es sich bei fünf von acht Tracks um ein und denselben Song handelt. Die insgesamt neuen drei Songs der Londoner Fields-Of-The-Nephilim-Nachfolger NFD, heute im Grunde nur noch bestehend aus Peter „Bob“ White (ohne Justus) mit seit 2008 nicht mehr so stark wechselnder Begleitung, sind die ersten neuen seit fast zehn Jahren in gut zwanzig Jahren Existenz. Musikalisch lässt die „Trinity EP“ indes keine Lücken entstehen: in den Metal drückender Gothic Rock, episch und verspielt, aber doch dicht im Genre verhaftet, mit dunkler Stimme, dunklen harten Gitarren und dunklen Keyboardsounds, exakt so, wie man es von NFD kennt, keinen Millimeter zur Seite. Ja, wir ergeben uns deinem Willen, Peter!

Es ist schon erstaunlich, wie viel von den Fields hier drinsteckt, obwohl niemand von den Fields mehr hier drinsteckt. Allein der zweite Song „To Find My Heaven“ hätte irgendwann zwischen „The Nephilim“ und „Elizium“ erschienen sein können, schon wie der dunkle, rollende Bass das Intro einleitet, wie sich dann im Downtempo der Song allmählich aufbaut, mit progressiv geschultem Gitarrensolo, und wie er dann das Tempo verdoppelt und in einen mitreißenden Rocksong mündet. „Static On My Soul“, der einzige Song, der auf dieser EP nur einmal vorkommt, nimmt den Geist der Nephilim auf, auch da lehnt die hintergründige Gitarrenarbeit bisweilen sehr stark an denen der Fields. Aber es gibt dann doch Unterschiede: Die Violine etwa, die die Geigerin Arulei alias Rebecca Galfalvi aus Bristol dazwischenschiebt. White hat einen anderen Atem als McCoy, auch wenn sein Gesang dem des alten Mehlcowboys streckenweise sehr sehr nahekommt. In Puncto Zugänglichkeit etwa unterscheiden sich NFD aber von den Fields, da macht White mehr Kompromisse, und doch: Sobald die Gitarren nicht mehr nur Rhythmen und Akkorde transportieren, sondern harte Riffs, schimmern wieder The Nefilim durch, McCoys Heavy-Metal-Interimsprojekt – an dem auch Simon Rippin beteiligt war, der danach die Entstehung des Projektes NFD im Jahr 2000 begleitete.

Also, „To Find My Heaven“ zweimal, aber der Opener „Surrender To My Will“ ist auf dieser 50minütigen EP gleich fünfmal enthalten. Fast neun Minuten dauert die erste Version, die flott voranschreitet, eher den harten Rock als den Metal im Vordergrund stehen hat, an dezidierter Stelle sogar einen Discobeat dazwischenschummelt und sehr den eigenen Sound von NFD trägt. Nicht von Ungefähr hat man schnell alte NFD-Songs als Ohrwurm, nachdem man die EP erstmals durchhörte: „Find My Way“ etwa, der Titel scheint sich zudem in „To Find My Heaven“ und „Surrender To My Will“ aufgesplittet zu haben. NFD servieren letzteren selbst in drei Varianten, dazu gibt es zwei Remixe: Der verdiente UK-Goth-Gitarrist Mark Gemini Thwaite (Ex-The Mission, Ex-Spear Of Destiny, Primitive Race., Mob Research und 3455692 weitere Projekte) baut Elektropluckern und stoisches synthetisches Schlagzeug in den Song ein, ohne ihn technoid zu machen oder in eine US-Industrial-Richtung zu drängen, und Ben Christo alias Benjamin Christodoulou, der in Projekten zwischen Hardrock, Kindergothic und Industrial wie Pig, Night By Night, Diamond Black oder gar Lord Of The Lost mitmischt und der heute offenbar Mitmusiker bei Andrew Eldritchs The Sisters Of Mercy ist, tut es ihm annähernd gleich, nur dass er die Härte aus den Gitarren herausnimmt, indem er sie gleich mehrfach selbst einspielt, und mit dem Piano den Boogie-Anteil des Originals stellenweise stärker herausarbeitet und den Song mit transparenteren Sounds weniger drückend macht, beinahe eher leicht und beschwingt, vergleichsweise.

Zur Kernbesetzung von NFD – Noise For Destruction – gehören heute neben dem von Sensorium herübergewechselten Sänger, Gitarristen und Bassisten Peter „Bob“ White noch Rhythmusgitarrist Chris Milden und Schlagzeuger Luca Mazzucconi aus Bergamo, der seine zwischen Powermetal und Black Metal gezüchteten Wurzeln inzwischen im Gothic Metal wuchern lässt. Damit ist von den Fields des Jahres 2002 niemand mehr dabei; der missglückte Neuanfang jener Band war seinerzeit der Startschuss für NFD, das Sammelbecken der Übriggebliebenen ohne McCoy, mit Tony Pettitt (früher unter anderem auch bei Rubicon, heute The Eden House), Simon Rippin (Sensorium, The Nefilim) und Stephen Carey (This Burning Effigy, The Eden House, Adoration).

Merkwürdig ist der Labelwechsel: Einst beim seit über 40 Jahren existierenden durchaus gothrock-orientierten Indielabel Jungle Records, jetzt beim offenkundig noch gothrock-orientierteren Gothic Citadel Records; dabei muss es sich um ein eigenes Label handeln, schließlich erschien darauf bis dato lediglich die NFD-Box „Requiems From The Abyss“ zum 20. Geburtstag der Band, die jedoch noch von Jungle vertrieben wurde. Die EP gibt’s als Vorbestellung im Digipak mit Stickern, signierten Flyern und Pin, damit erschafft die Band einen schönen zusätzlichen Mehrwert zu reinen Download der Musik.