Von Matthias Bosenick (13.03.2014)
Phänomenal: Von jetzt auf eben kommt Neneh Cherry wie aus dem Nichts mit Musik an die Öffentlichkeit zurück, die vermutlich all denjenigen, die in den 90ern „Seven Seconds“ und in den 80ern „Buffalo Stance“ in die Charts brachten, eher weniger gefallen dürfte. Einen größeren Kontrast hätte sie nicht setzten können als vor zwei Jahren mit dem Jahrzentalbum „The Cherry Thing“. Da setzt „Blank Project“ an: Nicht mehr wirklich Freejazz, aber von dort aus geht es in eine teilweise elektronische Richtung. Im Zentrum steht ihre Stimme – rauh, fordernd, einnehmend.
Für die musikalische Zusammenarbeit wählte Cherry dieses Mal Kieran Hebden alias Four Tet, der schon auf der „The Cherry Thing Remixes“-Sammlung das Suicide-Cover „Dream Baby Dream“ bearbeitete, und die Page-Brüder von Rocketnumbernine. Viel Musik gibt es allerdings nicht, und da rückt das Album ganz in die Nähe des jazzigen Vorgängers: Hauptsächlich hört man echtes Schlagzeug, verzerrte Bässe und karge, spröde Synthie-Sounds. Für die Melodien sorgt Neneh Cherry selbst, mit ihrem Gesang.
Damit eröffnet sie auch: Der erste Track gehört ganz ihr selbst. Das folgende Titellied rumpelt und basst vor sich hin, und was Cherry stimmlich bringt, zieht den Hörer förmlich ins Album hinein. Oder auf die Tanzfläche. Ihr Vokalstil ist nicht wirklich Rap, wenngleich sie viel spricht und berichtet, aber auch immer wieder singt. Es wechseln die Tempi und die Stimmungen, und zugegeben, aufgrund der kargen Anordnung sind nicht alle Tracks sogleich unterscheidbar. Der Musikfluss mündet in „Out Of The Blank“, einem Duett mit dem schwedischen Popsternchen Robyn. Die Melodie ist erschreckend einfältig, Robyns Stimmchen erschreckend dünn, aber sobald die erwachsene, rauhe Cherry und die naiv-juvenil wirkende Robyn im Refrain aufeinandertreffen, ist das Stück kaum weniger als ein Bombenhit. Noch zwei Stücke, dann rollt das Album gemächlich aus.
Karg, aber mitreißend. Kämpferisch, energetisch, erwachsen. Zwischendurch zwar latent beliebig, aber mit so hoher Qualität, dass man es sich gerne immer wieder anhört. Zum Jahresbestalbum taugt es vermutlich nicht ganz, aber das wird der Dezember zeigen. Mehr als dieses Album darf es in diesem Stil aber nicht geben, sonst nutzt es sich ab. Soweit: großartig!
Das Album gibt es für einen ungewöhnlich vernünftigen Preis als Doppel-LP, obwohl alle Songs auch auf eine einzelne LP gepasst hätten. Als wäre das nicht genug, liegt auch noch die CD-Variante bei. Vorbildlich! Glückwunsch übrigens, am Montag wurde Neneh Cherry 50.