Myrkur – Myrkur – Relapse Records 2014

Von Matthias Bosenick (24.10.2014)

Das ist auch eine Form von Sexismus, gewiss: Myrkur ist vordergründig deshalb interessant, weil es sich dabei um das Black-Metal-Projekt einer einzelnen Frau handelt. Da der Black Metal in den vergangenen Jahren eine künstlerische Aufwertung erfuhr, die ihn auch für Leute öffnete, die nicht auf angezündete Kirchen stehen, ist man hellhörig: Was macht Amalie Bruun anders als die Kerle? Nun: Ihre Stimme ist untypisch zart und elfisch – aber ihr Metal rumpelt etwas zu arg. Am schönsten ist das Mini-Album, wenn es 4AD-Dreampop und Shoegaze kreuzt; am dröhnenden Ambiente muss sie noch etwas arbeiten, sofern die hauptamtlich bei Ex Cops als Musikerin sowie als Model tätige Dänin das überhaupt will.

Das 24-Minuten-Album startet mit ätherischem, fast sakralem mehrstimmigem Chorsatz, bevor Gitarre, Bass und Schlagzeug losrumpeln. Bruun übernahm die Produktion selbst, das hätte man ihr vielleicht ausreden sollen: Zu unausgepegelt stolpern die Anteile umeinander. Mit einer vernünftigen Produktion wäre „Myrkur“ sicherlich ein Granatenalbum geworden, denn die musikalischen Ideen sind zwar kaum originell, aber die Art und Weise, wie Bruun die Passagen ineinanderfließen lässt und mit ihrem Feengesang anreichert, macht ihr Werk zu etwas Eigenem. Sie beherrscht den typischen Black-Metal-Soundteppich ebenso wie wohl die nicht zufällig an Sigur Rós erinnernden melodiösen Post-Rock-Passagen. Nicht zufällig: „Myrkur“ ist Isländisch für „Dunkelheit“ und außerdem der Titel eines Sigur-Rós-Stückes auf deren Debüt „Von“. In Bruuns Muttersprache hätte der Name etwas merkwürdig geklungen: Auf Dänisch hieße es „Mørk“.

Man kan sich nicht dagegen wehren und Myrkur trägt das Seine dazu bei: Black Metal ist in gewisser Weise im Pop angekommen, sowohl von der eigenen Hörbarkeit her als auch als Phänomen. Darüber kann man natürlich streiten; für Hardliner gibt es aber noch genügend Unhörbarkeiten, da freuen sich die weicher gelagerten Hörer über Alben wie dieses.

Gibt’s als CD im Digipak und auf Vinyl. Hübscher ist es natürlich in letzterer Form.