Von Matthias Bosenick (16.05.2018)
Es ist erstaunlich, mit welcher scheinbaren Leichtigkeit die Manic Street Preachers ein- ums andere Album voller Ohrwürmer raushauen. Auch „Resistance Is Futile“ setzt sich sofort fest, im Ohr wie im Herzen. Vor lauter Zugänglichkeit kommen beim Hören glatt wehmütige Erinnerungen an Abba, und das, obwohl die Manics ihre Rockhärte nicht komplett hinter den großartigen Melodien verstecken. Ein Album wie ein Wunder.
Schon sofort mit „People Give In“ eröffnen die Manics aufs Eingängigste. Der irrtümlich holprig erscheinende Beat bleibt hängen, der Refrain dazu sowieso. Richtig ins Gehirn hakt sich als viertes „Vivian“, mit dem mehrmals auf verschiedene Weise über die Takte gesungenen Titel als Refrain. So geht es weiter, beinahe jeder Song ist eine Besonderheit und belegt, mit welcher Spielfreude und welchem Experimentierwillen die verblieben drei Manic Street Preachers 30 Jahre nach der Debütsingle immer noch an ihre Alben herangehen.
Interessant ist, wie sehr sie sich im Sound und im Komponieren an sich selbst anlehnen. Hier scheinen unter anderem Komponenten der ganz frühen Werke durch, an denen der verschollene Richey Edwards noch beteiligt war; so nachhaltig ist seine Arbeit in die DNA der Band übergegangen. Auch der Pathos des ersten Werkes komplett ohne Edwards‘ Zutun, „If You Tolerate This Your Children Will Be Next“, findet hier Raum. Heißt: Der Indie-Rock wagt den Wohlklang, das Glattsein, ja: den Pop zur gleichen Zeit wie das Rauhe, den Dreck, bisweilen sogar die wütende Durchschlagskraft, mindestens von Seiten der Stimme, mit der James Dean Bradfield die aufrechten und aufrichtigen Texte von Nicky Wire intoniert. Dieser Mix mag sich kitschig lesen, aber die Manics haben den Dreh raus, wie sie trotz Keyboardoverkill und Streicherquartett den Rockfan für sich einnehmen können. Inklusive dem für die Waliser inzwischen traditionellen Duett mit einer Sängerin; The Anchoress dieses Mal, die lustigerweise auch am jüngsten Album der Schotten Simple Minds beteiligt war, aber unter ihrem Alias Catherine Anne Davis. „Widerstand ist zwecklos“, titeln die Manics, und es trifft auf das Album sowas von zu.
Das gibt’s wie zuletzt immer als Buch mit Bonus-CD, auf der sich die Demo-Versionen sowie zwei Bonus-Tracks finden, die sich allerdings nicht mit den dreien der Japan-Version decken. Die Demos dokumentieren die Evolution der Songs nur bedingt, die meisten sind bereits so ausformuliert wie auf dem Album, eben nur unproduziert; lediglich einige Akustikgitarrenversionen der Balladen machen den erfreulichen Unterschied. „Together Stronger (C’mon Wales)“, der Song zur Männer-Fußball-EM vor zwei Jahren, ist übrigens nicht enthalten.