Machine Head – Unatoned – Nuclear Blast 2025

Von Matthias Bosenick (20.05.2025)

Nix gegen Pop und nix gegen Metal, aber die Kombi geht komischerweise meistens schief. So gut wie Devin Townsend beherrscht die Kunst kaum jemand, meistens kommt nur so unerträglich Gegensätzliches und damit nicht Überzeugendes wie Metalcore heraus, oder es wird humorig wie bei Electric Callboy. Machine Head aus den USA setzen sich mit ihrem elften Album „Unatoned“, in Eigenschreibweise: „UNATØNED“, zwischen alle Stühle: Die Anteile von Thrash- und Groove-Metal sind höchst angenehm nackenbrechend, doch die Poppassagen wirken darin wie Fremdkörper zum Fremdschämen und reduzieren dann die Verträglichkeit. Man würde so gern die Tralala-Momente und „Ohohoh“-Chöre aus dem Album herauspulen!

„Atomic Revelations“, die Single „Unbound“ und „Outsider“ haben so viele genickschädigende Momente, so viele geile Breaks, so einen geilen Groove auf den Saiten, und dann bauen Machine Head da solche Mitgröl-Chants fürs Stadion und fürs Festival mit ein. Wenn es denn wenigstens schöner Pop wäre, aber das hier ist nur Klischee. Das sie mit „Not Long For This World“ sogar noch unterbieten, mit cheesy Keyboardsounds und kitschigen Streichern, dass man aufs Cover gucken muss, ob man nicht zufällig bei einer Symphonic-Metal-Benad gelandet ist. „These Scars Won’t Define Us“ bricht dann gottlob wieder los, dass man den Glauben zurückerlangt, doch auch hier bauen Machine Head wieder massentaugliche Refrains ein, während drumherum die Welt attraktiv zusammenbricht.

Na, und so bleibt es, wobei „Dustmaker“ ein Electro-Ambient-Zwischenspiel mit hintergründiger Bratzgitarre ist, also wahrhaftig aus dem Bild herausragt. Auffällig ist, dass bis auf zwei Songs – „Bleeding Me Dry“ und den ebenfalls chilligen Rauswerfer „Scorn“ – keiner die radiotaugliche Dreieinhalbminutenmarke überschreitet. Was hat Robby Flynn vor? Problematisch ist an diesem Album nämlich zusätzlich, dass es schwerfällt, die Songs überhaupt auseinanderzuhalten. Sowohl die armausstreckenden Animationsmomente als auch die Brutalostrecken ähneln einander, der Wechsel zwischen ihnen ebenso, alles wird halbwegs vorhersehbar. Dabei sind hier durchaus großartige Momente enthalten, spieltechnischer wie das Arrangement betreffender Art, mit den für Machine Head typischen fiesen Gitarrenattacken und einigen für Machine Head untypischen Electro-Effekten, und dass man das grandios zusammenbringen kann, belegten Fear Factory für über 30 Jahren bereits, als Machine Head selbst noch eine Idee waren, die mit „Burn My Eyes“ erst ein Jahr später auf den Plan trat, um eben jener Melange aus Metal und Digitalisierung etwas Oldschooliges entgegenzusetzen.

Dieses Geile von 1994, als Machine Head mit „Davidian“ einen immerwährenden Pflock in die Landschaft setzten, ist auch „Unatoned“ immer noch zu finden. Nun sind Ausflüge in den Mainstream für die Band nichts Neues, bereits mit den dritten Album „The Burning Red“ knüpfte sie 1999 an den grassierenden NuMetal-Mist an, fand aber nur zwei Alben später mit „Through The Ashes Of Empires“ zu einem abermals neuen Spielfeld, nämlich dem sehr düsteren progressiven Thrash Metal, den sie immerhin drei Alben lang durchhielt. Seit „Bloodstone & Diamonds“ 2014 nun wandelt die Band abermals mehr in Richtung Kommerzialisierung, was nun in „Unatoned“ einen leider nicht überzeugenden Höhepunkt findet. Da bleibt zu hoffen, dass es demnächst mal wieder einige Imperien zu besingen gibt, durch deren Asche es zu schreiten gilt.

Von der Urbesetzung von Machine Head ist übrigens 31 Jahre später nur noch Robby Flynn übrig, am zweitlängsten dabei ist Bassist Jared MacEachern, der es auf zehn Jahre bringt. Schlagzeuger Matt Alston und Gitarrist Reece Scruggs sind überhaupt erstmals auf einem Studioalbum zu hören. „Unatoned“ ist mit knapp über 40 Minuten das kürzeste Album von Machine Head, und man kann sich nur darüber freuen, dass sie den Quatsch nicht noch ausdehnten. Im Gegenteil, man würde eine halbstündige Version ohne den Käse sogar vorziehen. Fällig ist überdies eine Compilation: In den zurückliegenden neun Jahren veröffentlichten Machine Head einige Non-Album-Singles, teilweise lediglich digital. Mal reinhören, ob da nicht sogar besseres Zeug bei ist als auf „Unatoned“.