Light Of Eternity – Collateral EP – Cadiz Music 2025

Von Matthias Bosenick (14.08.2025)

Hand hoch, wer noch alles Killing Joke vermisst! Die Zukunft der Band ist nach dem Tod von Gitarrist Kevin „Geordie“ Walker 2023 ungewiss. Das letzte Studioalbum „Pylon“ ist bereits zehn Jahre alt, die letzte 12“ „Lord Of Chaos EP“ erschien 2022, der letzte Song „Full Spectrum Dominance“ 2023 und lediglich digital, eigentlich als erhoffter Ausblick auf ein neues Album. Doch seit Geordies Tod ist Schweigen im Walde. Vorsichtshalber sammelte Schlagzeuger „Big“ Paul Ferguson zwei Weggefährten aus anderen Projekten um sich, formierte mit ihnen Light Of Eternity, nahm zwei EPs auf und stellte überraschend fest, dass sich dieser Seitenarm zur festen Band auswuchs. Mit der „Collateral EP“ gibt’s die acht Songs der beiden EPs nun als Album – die Nähe zu Killing Joke, den Post-Punk- und Industrial-Mitgestaltern, ist offensichtlich.

Light Of Eternity sind lediglich zu dritt, klingen aber enorm fett. Dicke Gitarren, dickes Schlagzeug, dicker Bass, da darf jeder der drei Instrumentalisten seinen Verstärker auf Elf drehen. Synthies gibt’s on top obendrauf. Mit seinen Songs wildert das Trio in den Gefilden, die es selbst – zumindest einer davon – seit über 40 Jahren prägt: Aus dem anfänglichen Post Punk der Spätsiebziger machten Killing Joke zwanzig Jahre später etwas Härteres, etwas Metallischeres, das das Gruftige und Hymnische beibehielt, aber mit mehr Brutalität versah. So ungefähr darf man sich Light Of Eternity ebenfalls vorstellen, wenn auch mit etwas zurückgenommenerer Brutalität, nicht so heavy wie Killing Joke zu Zeiten von „Pandemonium“.

Natürlich sind Light Of Eternity keine Kopie der großen Helden, tragen aber deutlich deren Gene in sich. Manche Gitarre erinnert an die von Geordie, manche Akkordfolge und manches Arrangement könnte man sich so auch von Jaz Coleman vorstellen. Indes, dessen Grandezza erreichen Light Of Eternity nicht, obschon sie den Mantra- und Trancefaktor vieler Killing-Joke-Kompositionen ebenfalls beherrschen. Ganz abgesehen davon, dass der Gesang hier ganz anders klingt, weicher als der von Coleman, der es mit dem rauhen Gröhlen ja gern auch mal übertreibt.

„Tipping Point“ etwa hätte sich bestens auf einem Killing-Joke-Album gemacht, hier erreicht der Gesang über den Stimmverzerrer und den Hall eine Nähe zu Coleman. Die palm muted Riffs in der Strophe und das hymnische Spiel im Refrain mit dem Gesangsausbruch kombiniert mit einem Tempo im unteren Midtempo rücken den Song noch näher in die Richtung der Band aus Cheltenham. In den Strophen von „Aftershock“ klingt die Gitarre mit ihren monotonen gemuteten Licks sogar an die Zeit von „Revelations“ Anfang der Achtziger, nur dass der Song drumherum die Heftigkeit anzieht. Stark an den jüngeren Killing Joke orientiert ist „Dark Hope“, mit dem moderneren, weicheren Riffing, dem treibenden Schlagzeug und den in höherer Tonlage geshouteten Refrain.

Ebenfalls an Coleman erinnert ein vergleichbarer Gesang in „Nebula“; doch ist der Rest des Songs anders strukturiert und klingt insgesamt aufgepumpter, voluminöser. Letztlich lassen sich Referenzen in allen acht Songs finden, aber der Rest trägt dann auch noch hinreichend eigene Handschrift. Grundsätzlich lässt sich die Musik von Light Of Eternity in dunkleren Gothic-Refugien verorten, die Gitarre rifft eher im Rock als im Metal, die Grundstimmung ist nicht zwingend gutgelaunt, aber auch nicht depressiv, eher fordernd, womöglich anklagend. Und mit „Lament“ gibt’s eine zum Titel passende Ballade, die von Synthies dominiert ist, wie Synthies überhaupt in vielen bis allen Songs eine unterschiedlich gewichtige Rolle spielen.

Diese „Collateral EP“ ist von der Länge her eher ein Album, mit der Verknüpfung zweier EPs, die jeweils über 20 Minuten lang sind. Die „Edge Of Fate EP“ erschien vor einem Jahr, die „Aftershock EP“ zum Jahreswechsel, beide streng limitiert auch als 10“, und nun entschied sich das Label, eine sehr limitierte CD-Version herauszubringen – allerdings lediglich in Großbritannien, was Dank Brexit für ordentlich Zoll plus DHL-Abzocke sorgt. Die EPs sind komplett auf der Sammlung vorhanden, allerdings mit einer veränderten Reihenfolge auf der ersten, da tauschten zwei Songs die Position; eine gute Entscheidung, „Explode“ als zweites und die Powerballade „Lament“ erst als drittes zu bringen.

Wen Ferguson hier zusammentrommelte: An Mikro und Bass Frederic Schreck aus New York, an der Gitarre Paul Williams aus Durham. Keine Vertreter exponierter Mega-Untergrund-Acts, sondern kleinerer Projekte. Ferguson und Schreck kennen sich, weil sie vor über 30 Jahren am kurzlebigen Indierock-Projekt Crush beteiligt waren. Davor war Schreck bei The Ancients, bei denen Ferguson bereits als Gast Percussion spielte. Vor gut zehn Jahren formte Schreck zudem das Indie-Allstar-Projekt Satellite Paradiso mit. Williams spielt seit 2012 bei der Industrial-Indierock-Band Chaos 8. Na, und Ferguson: Die Liste ist lang – Transmission, Murder Inc., Pigface, sogar The Orb, um nur einige zu nennen.

Tja, und Killing Joke, die seit zehn Jahren vornehmlich ihr Erbe verwalten, indem sie Live-Mitschnitte und Dub-Compilations auf den Markt werfen. Coleman und Geordie waren die einzigen Mitglieder von Killing Joke, die seit 1979 auf jedem Album zu hören sind, das gelang den Gründungsmitgliedern Ferguson und Martin „Youth“ Glover nicht, die nach ihren Ausstiegen Anfang und Mitte der Achtziger erst 2008 wieder zu Killing Joke stießen und damit das einzig wahre Line-Up versiegelten. Noch ewig nach Geordies Tod ließ Coleman verlauten, dass er keine Fragen zur Zukunft der Band wünscht, weil er noch trauert. Aufnahmen indes müsste es geben, in welchem Stadium, wäre dann unklar – die zwei Singles „Lord Of Chaos“ und „Full Spectrum Dominance“ kamen schließlich nicht aus dem Nichts. Dort sollten sie auch nicht verschwinden, zumindest letztere gibt es lediglich digital, das muss doch zu ändern sein. Wenn sogar die 20 Jahre alte „Wardance“-Neueinspielung mit Dave Grohl 2023 den Weg auf eine 7“ fand.