Von Guido Dörheide (17.03.2024)
Von Klez.e las ich zufällig und beschäftigte mich dann zuerst, bevor ich mir die ersten drei Alben vorhahm, mit deren 2017er Werk „Desintegration“. Ja genau, so wie „Disintegration“, nur in deutscher Schreibweise. Und irgendwie wie „Disintegration“ von The Cure hört sich die Musik von Klez.e seit 2017 auch an, sogar der Gesang. Und das ganze mit guten Texten in deutscher Sprache und diesem halb mit heller Stimme gemurmelten und halb wie getrieben vor sich hin geklagten Gesang eines mittelalten Robert Smith (der war damals um die 30 und aus Sicht meines damals 14jährigen Ichs schon eine Ewigkeit im Geschäft). Diesen Cure-Sound vom Ende der spannendsten Zeit dieser Band, 1989, habe Klez.e auch auf „Erregung“ beibehalten, und auch hier klingen die Texte wieder rätselhaft, düster und ziemlich schön. Nicht wie Lyrik, sondern eher wie im Vorbeilaufen beobachtet und dann mal hingesungen. So sehr curistisch haben sich Klez.e nicht immer angehört, die ersten drei Alben waren melancholischer Indiepoprock, etwas elektronischer als heute und auch irgendwie eigenständiger, dennoch kann ich mich erst durch die beiden letzten Alben so richtig für Klez.e begeistern.
Wäh? Ich finde die Band erst als Coverband richtig gut, bin ich jetzt bescheuert? Mal abgesehen davon, dass Ihnen, liebe Lesende, die Antwort auf die letzte Frage komplett egal sein dürfte: Nein, bin ich nicht. Glaube ich. „Desintegration“ und „Erregung“ entpuppen sich nämlich beim genaueren Hinhören nicht als Kopie von The Cure Anno 1989, sondern als Reminiszenz an The Cure aus der aus meiner Sicht allerbesten Epoche der Band (1980 – „Seventeen Seconds“, 1981 – „Faith“, 1982 – „Pornography“) im Sound von „Disintegration“. Das ist jetzt immer noch nichts Eigenes, aber sowas hat noch niemand gemacht, außer vielleicht The Cure selbst auf ihren Livealben, die den alten Songs auch immer den jeweils aktuellen Bandsound überstülpen, was immer großartig ist. Und großartig finde ich das hier auch, was Sänger und Gitarrist (hihi, auch hier wieder die Cure-Parallele) Tobias Siebert, Bassist und Keyboarder Daniel Moheit und Schlagzeuger Filip Pampuch machen. Aus den größten Momenten der größten Gothic-Band aller Zeiten etwas wunderschönes Neues mit rätselhaften deutschen Texten zu basteln, die immer toll klingen und bei denen man sich auf viele Zeilen, die man gerade mal zufällig heraushört, einen eigenen Reim machen kann. „Ich will nur Dich an zerissenen Litfasssäulen“ („Mr. Dead and Mrs. Free“) beispielsweise klingt leicht schmuddelig, aber auch irgendwie wieder schön. Hören Sie selber mal rein: Die Welt bekommt man – zum Glück – nie erklärt, es klingt nie weltbewegend und vor allem nie peinlich. Ist ja bei deutschen Texten immer so die Gratwanderung. Ein konkretes Lieblingslied auf dem Album habe ich nicht, und so schließt sich auch hier wieder der Kreis zu The Cure: Während für mich auf „Seventeen Seconds“ und „Faith“ noch einzelne Songs herausstachen, habe ich „Pornography“ und „Disintegration“ sozusagen als einen einzigen, langen Song wahrgenommen, und so geht es mir auch hier.
Ich bin gespannt, ob der Ausflug in die Cure-Gefilde mit dem nächsten Album weitergeht, oder ob dann was Anderes kommt. Und wenn ja, was dann kommt.