Von Matthias Bosenick (30.04.2012)
Alles beim Alten und doch kein Stück überflüssig: „MMXII“ klingt wie eine Mischung aus Killing Joke 1986 und 1996, also wie 1991. Und das ist das Erstaunliche: „MMXII“ könnte direkt nach „Extremities, Dirt And Various Repressed Emotions“ herausgekommen sein, obwohl außer Chef Jaz Coleman lediglich Geordie an beiden Alben beteiligt war. Mit „Extremities“ eint „MMXII“ die harte, depressiv-aggressive Stimmung und den Sound zwischen Keyboards und Metal-Gitarren. Sehr häufig klingt der Bass nach dem des verstorbenen Paul Raven, der auf „Extremities“ zu hören war. Auch die Akkorde erinnern oft an das Album.
Post-Punk war gestern, morgen geht die Welt unter – und die Band spielt, als gäbe es entgegen der eigenen Haltung doch noch ein Morgen. So dringlich, so energetisch, so kompakt bedienen sich die vier alten Herren bei allem, was sie (oder ihre Interimssubstitute) in über 30 Jahren je gemacht haben: New-Wave-Rhythmen, Balladen, Metal-Bretter, rotzigen Post-Punk, Synthie-Pop, was auch immer. Und wenn Jaz Coleman grölt, fällt das nicht mehr so latent nervig auf wie noch auf dem selbstbetitelten 2003er-Album. Mit jenem ist „MMXII“ das vierte hochklassige Killing-Joke-Album in Folge und das zweite in Urbesetzung, mal so nebenbei. Coleman beschwört auf „MMXII“ einmal nicht den, dessen Namen man nicht nennt, sondern die Vernunft: In Interviews schwärmt er von Weltuntergangstheorien und behauptet, dass – wenn schon kein Armageddon – im Dezember irgendeine massive Veränderung eintreten wird. Entsprechend thematisiert er Polverschiebungen, Fema Camps, den Zusammenbruch von Siedlungen und irgendwas zwischen Pornostars, griechischen Inseln und Aphrodite. „In Cythera“ ist gleichzeitig die erste Single des Albums und enthält den ansonsten nicht erhältlichen Song „Penny Drops“.
Das Vorgängeralbum „Absolute Dissent“ hatte sich trotz eisernen Willens, mal andere vorzulassen, schnell zum Lieblingsalbum des Jahres gemausert. Mal sehen, wie viele Durchläufe „MMXII“ dafür braucht. Das Cover indes ist schon jetzt das hässlichste des Jahres.