Von Matthias
Bosenick (16.03.2020)
„Die Todten reiten schnell“,
behauptet der instrumentale Opener, und lügt: Der rockbasierte
Stilmix des Moskauer Duos Jambattista reicht zwar von Psychedelic
über Stoner bis Doom, doch so richtig Tempo machen die Oleg und
Vitaly nicht, klingen dafür aber recht lebendig. Schnell sein müssen
sie auch nicht, um ein fantastisches Rockenrollalbum einzuspielen:
„Seeking The Seeker“ macht für die Genreverankerungen
überraschend gute Laune und klingt beileibe nicht nach nur zwei
Leuten. Gelungenes Albumdebüt!
Und das sind wirklich nur zwei Leute? Der Sound auf diesem Album ist
fett wie von einer kompletten Band, und in diesem Sound galoppiert
das Duo durch die rockinfizierten Subgenres. Die beiden können alles
und legen sich daher nicht fest; was die mögliche Gefahr birgt, ein
willkürliches Potpourri zu ergeben, geht hier voll auf, weil sich
die Genres nahe genug sind und Jambattista einen wiedererkennbar
ausformulierten Sound haben.
Das Album beginnt mit einem
Gute-Laune-Doom mit fetten Riffs im Dreivierteltakt – das ist schon
mal ein Einstand, der Aufmerksamkeit erregt. Weiter geht es mit
psychedelischer Rockmusik, Postrock, Drone, Stoner, Trance,
entschleuinigten Black Sabbath, alles nacheinander uns alles
gleichermaßen gelungen. Orientalische Melodien umspielen die
psychedelischen Anteile. Gesang setzt ein, überraschend hoch und
clean in diesem Umfeld, später wechselt die Stimme zu einem
unterschwelligen Flüstern und in ein bedrohliches Grummeln. Das
Wahwah-Pedal findet erbauliche Anwendung. Man wendet mit der Band den
Blick ins Universum, die Musik verliert sich in sich selbst und man
sich als Hörer in der Musik.
Und niemals hat es die Band
eilig. Im gemächlichen Tempo lustwandeln die beiden Moskowiten durch
den erbauliche Reigen an untergrundiger Rockmusik, spielen warme
Sounds und unterstützen diese gelegentlich von Synthesizern oder
anderen unerwarteten Effekten wie Gegniedel, Geschrammel oder Fuzz.
Dabei entstehen sogar wunderschöne Melodien, und wenn sie auch mal
aus lediglich drei, vier sich immerfort wiederholenden Tönen
bestehen. Mit wechselnden Songdichten lassen die beiden
Multiinstrumentalisten ihre Songs oftmals länger erscheinen, als sie
tatsächlich sind. Zum fast viertelstündigen Schluss, der als Track
9 offenbar nicht jeder Version des Albums angefügt ist, wiegt sich
das Duo selbstvergessen ins All. Ein passender Abschluss.
„Seeking
The Seeker“ ist zwar das Debütalbum von Jambattista, aber vor zwei
Jahren gab es bereits eine selbstbetitelte EP. Der achte Album-Song
„The Strangler (Return To Kaa’s Hunting)“ bezieht sich direkt
auf einen Song der EP. Überdies waren Vitaly und Oleg bis 2018 auch
noch als Trio unterwegs, mit Sergey bildeten sie die Band Grohoth,
die es auf zwei EPs brachte. Wonach sich die Band überdies benannte,
bleibt offen; vermutlich weniger die H&M-Modeschöpferin
Giambattista Valli als dem neapolitanischen Philosophen Viko
Jambattista alias Gian Battista Vico aus dem 18. Jahrhundert. Wie
auch immer: Ein langes Wirken sei ihnen beschieden!