Von Guido Dörheide (06.01.2023)
Kein Geringerer als James Newell Osterberg, bekannt und beliebt von Iggy und den Stooges, eröffnet am 6. Januar mit „Every Loser“ mein persönliches Musikjahr 2023. Unter fachkundiger Anleitung seines neuen Produzenten Andrew Watt schart der beliebte Jennifer-Aniston-Lookalike-Contest-Winner eine illustre Schar professioneller Berufsmusiker um sich und rockt – endlich einmal wieder – los, als gäbe es kein Morgen. Die Besetzung variiert von Stück zu Stück; neben Watt (Keyboards, Gitarre) sind unter anderem Chad Smith von RHCP (Drums), Travis Barker von Blink-182 (ebenfalls Drums), Duff McKagan von Gn’R (Bass), Stone Gossard von Pearl Jam (Gitarre) und der im letzten Jahr leider früh verstorbene Taylor Hawkins von den Foo Fighters (nochmal Drums) vertreten.
Gleich mit „Frenzy“ zeigen Pop und seine Kollegen, wie jung die Stimme eines fast 76jährigen und wie mühelos aggressiv-schrammeliger Punkrock klingen kann. Die Produktion trägt ihren Teil zur hochwertigen akustischen Haptik bei, „Frenzy“ klingt gleichzeitig rauh und glattgeschliffen. Der Text wimmelt nur so von Vulgarität und Hörerbeschimpfung und steht Iggy Pop gut zu Gesicht.
Auf „Strung Out Johnny“ wird das Tempo ein wenig zurückgenommen, ein schönes Klavier ertönt irgendwo im Hintergrund, die Stimme ist tiefer als auf dem Stück zuvor und das Stück verströmt irgendwie zeitlosen Pop-Esprit, es ist wirklich sehr gut. Mit „New Atlantis“ folgt ein weiteres typisches Iggy-Pop-Stück, vom Klavier eröffnet und mit einem schönen Gitarrensolo in der Mitte. Auf „Modern Day Ripoff“ wird es wieder punkiger und Pop nölt so richtig schön rum wie früher.
Das mit knapp über 36 Minuten knackig kurze Album enthält zwei kurze, mit Geklimper unterlegte Spoken-Word-Stücke und auch bei diesen macht es urst Laune, dem nahezu sinnfreien Gemurmel des alten Spaßvogels zu lauschen. Das Album schließt mit dem längsten und, wie ich finde, besten Stück, dem knapp sechsminütigen „The Regency“. Es enthält musikalisch abwechslungsreichen Mid-Tempo-Alternative-Rock und zahlreiche Kraftausdrücke.
Raymond Pettibon, jüngerer Bruder des SST-Labelchefs und Ex-Black-Flag Gitarristen Greg Ginn, hat das Coverartwork zu verantworten. Es ist großartig und steht den früheren Werken Pettibons, verewigt z.B. auf „Goo“ von Sonic Youth oder so ziemlich allen Alben der Minutemen, in nichts nach.
Eine starke Rückmeldung des Godfather of Punk und ein guter Beginn für 2023.