Von Chrisz Meier (03.03.2025)
Wenn ich etwas wirklich gerne tue, dann ist es das Beobachten von Filmen. Wie viel Zeit ich damit schon verschwendet habe…
Meine Beobachtungsergebnisse möchte ich gerne weitergeben, sei es als Empfehlung, sei es als Warnung.
Wir erinnern uns. Ende Oktober 2024. Die Tage sind schon recht kurz, die unsäglichen Halloween-Konsum- und -Kostümorgien rücken näher. Der Horror draußen lässt sich nur durch Horror drinnen ertragen. Da kam ein Film wie „Talk To Me“ (2022) gerade recht. Eine Gruppe Highschool-Kids kommt an eine balsamierte Hand (samt Unterarm). JedeR, der sie berührt, katapultiert sich in eine Art Parallelgeisterwelt. Der Körper bleibt jedoch an Ort und Stelle und so können sich die anderen der Gruppe über das Opfer beömmeln, das da vor sich hin zuckt und schreit. Ziemlich schnell werden alle süchtig nach dem Kick, der ihnen dieser kurze Horrortrip verschafft. Natürlich (Natürlich!!) geht’s dann irgendwann richtig schief und der Spaß hat ein Ende. Ja, das hatte einen gewissen Schauwert und für Fans des Genres und Highschool-Kids ist „Talk To Me“ durchaus unterhaltsam.
Immer noch Oktober, immer noch die gleiche Stimmung, also nochmal Horror. „Wahrheit oder Pflicht“ von 2018 greift die lustige Idee auf, das beliebte Partyspiel mal todernst zu nehmen. JedeR, der nicht die Wahrheit sagt oder die Mutprobe/Pflicht verweigert, stirbt. Da denkt man doch schon zweimal drüber nach, was man sagt. Vor allem, weil man das „Spiel“ nicht mehr beenden kann.
Die Idee ist ja ganz ok, die Umsetzung dafür recht konventionell. Das heißt, daß man 100 Minuten lang sieht, wie junge Leute mehr oder weniger originell ums Leben kommen. Dann doch lieber einen aus der „Final Destination“-Reihe.
Zur Abwechslung mal was ganz anderes als Horror. „The Bikeriders“ (2023) basiert auf einem Fotobildband, der in den späten 60ern entstand. Warum auch nicht? Schließlich diente Schiffe versenken („C 3?“ „Treffer.“ „C 4?“ „Treffer, versenkt.“) ja auch schon als Vorlage zu einem Film, warum also nicht ein paar ästhetische Schwarz-Weißfotos von schrägen Typen in Jeans und Lederjacken vor schweren Harley-Davidsons? Diese Ästhetik setzt der Film gekonnt um, das muß man ihm lassen. Der arschcoole T. Hardy und der noch arschcoolere, sehr gutaussehende, aber einen ziemlichen Deppen spielende A. Butler sind die Hauptfiguren eines Motorradclubs im 1965er Chikago. Der Film zeigt die Entwicklung vom Club zur Gang, von „normalen“ Außenseitern zu Kriminellen, von der Kleinkriminalität zum Mord. Kann man sich durchaus ansehen, auch wenn man in seinem Leben gar kein Motorrad oder, Gott bewahre, eine japanische Reisschüssel gefahren ist.
So, zurück zum Horror. Mangels guter Alternativen sah ich „Wir“ von 2019 zum zweiten Mal. Meiner Meinung nach hat J. Peele mit „Get Out“ (2017) und eben „Wir“ (OT: Us) zwei ziemlich gute Filme gedreht, bevor er mit der Nullnummer „Nope“ 2022 um die Ecke kam. „Wir“ stellt eine US-amerikanische Familie in den Mittelpunkt, wie sie durchschnittlicher nicht sein könnte: Vater (leicht übergewichtig), Mutter und zwei Kinder (natürlich boy and girl) machen Urlaub in einem Touristenort am Meer. Dort werden sie recht bald von Fremden bedroht. Laangweilig! Nein!! Diese vermeintlich Fremden sind: Genau die gleiche Familie nochmal, nur etwas verstörender im Habitus. Und wie sich bald herausstellt, sind diese vier nicht die einzigen Doppelgänger, die mit ihren roten Overalls aus irgendwelchen unterirdischen Verstecken herausgekrochen kommen. Infolgedessen wird es recht blutig. Der Film weiß durch die originelle Grundidee und seinen Spannungsaufbau zu gefallen. Bester Dialog: Original-Vater fragt die typische Horrorfilmfrage „Who ARE you people?“ Doppelgänger-Mutter antwortet mit creepy voice „We are Americans!“
Mal ‘ne Serie. „Resident Alien“ (ab 2021) stellt ein Alien in den Mittelpunkt, das mit der hehren Absicht, die Menschheit auszurotten, auf die Erde kommt, wobei sein UFO leider abstürzt. Weil es so schnell nicht wieder wegkommt, muß es also vorübergehend die Identität eines Dorfarztes annehmen (der seine medizinischen Kenntnisse immer schnell von Dr. Google lernt) und unter Menschen leben. Leider kommt es, wie es kommen muß: Er freundet sich mit einigen dieser Menschen an und will sie irgendwann gar nicht mehr wirklich ausrotten. Damit verschenkt diese Serie einiges an komischem Potential und verflacht von Folge zu Folge. Zwei weitere Staffeln habe ich mir deswegen geschenkt.
Der Österreicher J. Hader hat einen ziemlich schwarzen Humor, darum sehe ich ganz gerne mal, was er so macht. In „Andrea lässt sich scheiden“ spielt er einen Loser aus dem Bilderbuch, der davon überzeugt ist, einen tödlichen Unfall mit Fahrerflucht verursacht zu haben. Dabei war nicht er es, der den Exmann-in-spe der Provinzpolizistin umgefahren hat, sondern die Polizistin (B. Minichmayr) selbst. Man muss diesen Film leider mit Untertiteln schauen, wenn man nicht fließend Österreichisch spricht. Und er ist streckenweise leider ziemlich zäh; etwas mehr Tempo hätte ihm nicht geschadet. Wer Provinzpossen mit einer Prise schrägem Humor mag, sollte hier mal reinschauen.
So, noch einen, gesehen Anfang November 2024. „Kinds Of Kindness“ kam relativ schnell nach „Poor Things“ raus und hat nicht ansatzweise die Aufmerksamkeit wie jener erhalten. Leider, muß ich sagen, denn in seiner absurden Schrägheit, seinem boshaften Humor und den schauspielerischen Leistungen übertrifft er „Poor Things“ deutlich. „Kinds Of Kindness“ vereint drei Filme in einem, die aber nichts miteinander zu tun haben. Bis auf die Hauptdarsteller! Es sind jeweils E. Stone, W. Dafoe und J. Plemons, die hier in ganz (ganz!) unterschiedliche Rollen schlüpfen und die drei Geschichten tragen, in die man im wirklichen Leben auf keinen Fall verwickelt sein möchte. Dark Comedy trifft auf Tragödie trifft auf Drama trifft auf Horror. Regisseur J. (oder Y.) Lanthimos beweist hiermit (und mit „Poor Things“ ja eigentlich auch), daß er in seinem Schaffen unberechenbar bleibt und wir wohl noch einiges Gutes von ihm zu sehen kriegen.
So, schon November in meiner Chronik und noch immer nichts von „Halloween Ends“ und was ich über diese ganze Sache denke? Haha, Cliffhanger! Und jetzt raus aus dem Internet!