Von Matthias Bosenick (21.07.2025)
Auf seinem Debütalbum „Lost Horizon“ treibt das neu aus der Taufe gehobene internationale Projekt Himmelaya den Krautrock nach (La) Düsseldorfer Art munter vor sich her und versetzt ihn im Wechsel mit ausgedehnten Ambient-Ausflügen wahlweise nach Westdeutschland, nach Fernost oder ins Kosmische. Hinter diesem Projekt stecken der Düsseldorfer (das erklärt einiges) Jochen Oberlack, der Engländer Marc Hunt alias Swordfish von Astralasia sowie als Sprecherin und gelegentlich auch Sängerin Britt Rönnholm von Us And Them aus Schweden. Verrückt: Wer die anderthalbstündige Doppel-LP kauft, bekommt eine Doppel-CD mit Bonustracks on top obendrauf. Im Stream gibt’s dieses besondere Album bedauerlicherweise gar nicht.
Mit „Belle Du Jour“ und „Black Forest“ startet das Album sehr krautrockig, mit einer intensivierten Variante des klassischen Düsseldorfer Sounds, quasi „Rheinita“ mit mehr Fleisch auf den Knochen. Die Stücke sind melodisch, harmonisch, euphorisch, und der Spoken-Word-Aspekt verleiht ihnen zusätzlich etwas Geheimnisvolles, als raune Rönnholm den Hörenden konspirativ etwas zu. Bisweilen verfällt sie sogar ins Singen, und ihre angenehm warme Stimme passt perfekt zu diesem sehr lebendigen Sound.
Kaum lässt man sich darauf ein, es bei Himmelaya mit einer Art Neo-Krautrock zu tun zu haben, reißt das Trio das Ruder radikal herum: „Ashra Shirley“ ist ein Trance-Track, pluckernd, mit den gesprochenen unterschwelligen Botschaften beschwörend und komplett anders als der Auftakt. Ab jetzt hält das Trio den Wechsel ein zwischen Krautrock und Ambient, zumindest für das nächste halbe Dutzend Stücke: „Deutscher Herbst“ ist wieder Krautrock, treibend, aber nicht hart, sondern chillig groovend. „Celestial Orb“ ist ein fernöstlicher Trance-Folk. „Shangrilaya“, mithin das Vermächtnis des während der Aufnahmen verstorbenen Gastmusikers Peter Pracownik, ist mit einem klagenden Wimmern unterlegter Ambient.
Die zweite LP eröffnet mit einem technoiden Beat mit einer bei Pink Floyd entliehenen spacigen Prog-Rock-Gitarre, diese Kombi erinnert an das gemeinsame Projekt von The Orb und David Gilmour und steigert im Verlauf seine Intensität. Für „Autobahn To Düsseldorf“ wird der Sound wieder druckvoller und rockiger; der Titel weckt natürlich überhaupt keine Assoziationen, nein. „Komets Berättelse“ kehrt zum trippigen Ambient zurück, hier passt das Schwedische bestens. Ab hier bleibt es nun beatlos: „Nimbus Thitherward“ ist Sphären-Ambient, der Rauswerfer „Metronopolis“ ein hypnotischer Jam mit Tablas und Hawaiigitarre.
Schade, dass die Stücke der Doppel-CD vorab nicht zu hören sind, da finden sich einige interessante Titel und Beteiligungen darunter. Interessant wäre es, das Stück „Bongwasser“ zu hören. Oder die Remixe von Schizo Fun Addict und Lost Pandas. So als Beispiele für noch mehr Zeug. Aufmerksamkeit erregt vor dem Hören schon das Cover, das aussieht wie von Hergé gezeichnet und damit kurioserweise an „Von hier an blind“ von Wir sind Helden erinnert.