Von Guido Dörheide (20.01.2023)
GBV, also Guided By Voices, gehören ebenso wie The Fall oder Neil Young zu den Künstlern, bei denen ich irgendwann aufgehört habe, zu zählen, wie viele Alben sie eigentlich veröffentlicht haben. Als ich irgendwann Mitte der 90er meine erste GBV-CD erstand, dachte ich, dass diese Band aber vorher (also seit 1986) schon ganz schön viel veröffentlicht hat. Das war jedoch nichts im Vergleich zu dem wahren Nussberg an Veröffentlichungen, den die Band um Robert Pollard, einem Lehrer aus Dayton/Ohio, seitdem aufgetürmt hat. Die Band wurde mehrfach für einige Jahre aufgelöst, hat zwischendurch einige echt langweilige Veröffentlichungen herausgebracht und seit der letzten Wiedervereinigung im Jahr 2016 mehr als 15 Alben veröffentlicht, die allesamt sehr gut und teilweise sogar großartig waren.
„La La Land“ liegt irgendwo zwischen sehr gut und großartig. Zuvor muss ich noch verraten, das GBV eigentlich sogar generell eher langweilig sind. Eine richtig schön langweilige Lehrerrockband. Zwar ist es schon mächtig gewaltig, wie viele Songs sich Robert Pollard in jedem Jahr ausdenkt (in guten Jahren veröffentlichen GBV drei oder vier Alben und die Legende besagt, dass Pollard unter seinem Bett noch haufenweise unveröffentlichtes Material aufbewahrt), aber das heißt nicht, dass sich nicht vieles ähnelt. Dennoch sammele ich fast alles (so ganz komplett komme ich da schlichtweg nicht hinterher mit dem Sammeln), was GBV veröffentlichen, und genieße alles Neue, was sie machen. Nicht, weil es mich vom Hocker haut, was sie machen, sondern weil es mich freut und mir das Herz erwärmt, dass sie mehr oder weniger immer wieder dasselbe machen.
„La La Land“ startet mit „Another Day To Heal“ gleich schön rockig, Pollards Leadgesang mit seiner unglaublich wiedererkennbaren Stimme (Anstatt sie hier zu beschreiben, wobei ich eh nur auf dem Bauch landen kann, empfehle ich das Anspielen des 1996er Über-Hits „The Official Ironmen Rally Song“, auf dem Pollard alle Facetten seines Gesangs nacheinander zum Besten gibt. Auf YouTube gibt es ein gutes Video dazu.) wird untermalt mit mehrstimmigen Backgroundgesang seiner versierten Mitstreiter, ein sehr guter Einstieg. Die nächsten beiden Stücke klimpern ruhiger, aber sehr schön vor sich hin. Stück 4, „Instinct Dwelling“, rumpelt solide drauflos, mit den typischen runtergeschrammelten GBV-Akkordfolgen im Refrain. Das folgende „Queen Of Spaces“ beginnt rein instrumental mit Akustikgitarre, nach einigen dramatischen Akkorden setzt ab Minute 1:20 (neben Streichern) Pollards hier anscheinend mehrfach übereinandergelegter, sehr ruhiger Gesang ein. Sowas Schönes!
Dann „Slowly On The Wheel“ – aufgebaut auf nur einer einzigen Note! Fast zumindest. Das muss ich mal auf der Gitarre üben, es wird mich motivieren. Dazu eine Melodie, wie sie sich nur Robert Pollard ausdenken kann. Das siebte Stück „Cousin Jackie“ halte ich für eins der Highlights auf „La La Land“. Im Einklang mit der Musik rockt Pollard wieder eine seiner typischen Pollard-Harmonien runter, dann ein Intermezzo mit allerley in dem gesamten Brei nicht auseinanderhaltbarem Instrvmentarium, dann auf einmal ein Gitarrenriff, das mich an irgendein abgenudeltes AOR-Stück von Radio 21 erinnert, dessen Name mir im Moment nicht einfällt. Und immer wieder „Make it rain wine and whisky“, „Wash us down the drain“, „Take away our pain“ und derlei abgeschmackte Slogans, die hier gut passen und schön klingen, und am Ende singt Pollard dann durch dieses komische Effektgerät, das älteren Lesenden noch gut von Peter Frampton im Ohr ist. Ja klasse!
Mit „Wild Kingdom“ und „Caution Song“ folgen zwei typische GBV-Stücke, hier kommen wir also dazu, was ich oben mit Langeweile auszudrücken versuchte, was bei „Wild Kingdom“ durch den mehr als bissigen Text mehr als wieder wettgemacht wird. Nach der Einstiegszeile „An invitation to suffering“ beschreibt Pollard irgendwen mit einem Vokabular, das er höchstwahrscheinlich im Zuge der Pandemie entwickelt hat: „Snipers in diapers, not to vaccinate but to baptise a new creation, the next mutation of you“ – Puuuuh, das klingt richtig böse. Auf „Face Eraser“ wird es dann wieder geringfügig schneller und das immer wieder wiederholte „Nobody down here likes you“ lässt vermuten, dass der/die Besungene sich ebenfalls der Sympathie Pollards nicht unbedingt gewiss sein kann. Auf „Pockets“ wird anschließend nochmal lässig geindierockt und nach angemessenen knapp 35 Minuten entlassen Pollard und seine Mitmusizierenden den angenehm berührten Hörer in die nächste sicherlich mehrwöchige Wartezeit bis zum nächsten GBV-Album.