Von Matthias Bosenick (19.12.2024)
Ist das echt schon 18 Jahre her? So lang gab es von den Wolfsburger Space-Stoner-Rockern Grass Harp keine Tonträger mehr. Gründe gab’s viele, die meisten haben wohl mit Zeit zu tun, aber hey, sie sind immer noch da, leiteten die Rückkehr auf den Planeten Erde mit einem Konzert im Wolfsburger Planetarium ein und stellten dort diese neue EP mit fünf Songs vor. Die belegt, dass man Spacerock auch mit irdischen Strukturen umsetzen kann, erweitert den Sound um einen Drumcomputer und lässt das Theremin sachdienlich fiepen. Schön, dass ihr wieder im Raum seid!
Da hat man schon den Luxus, mit Andy Plate einen versierten Schlagzeuger in der Band zu haben, und beginnt das erste Lebenszeichen nach fast zwei Dekaden mit einem Drumcomputer. Aber nur kurz, dann übernimmt das gesamte Quintett und man ist wieder drin im schönsten Grass-Harp-Sound. Das Quasi-Titellied „Motodrome Dreams“ eröffnet als Midtempo-Nummer mit Jangle und Funk, die Hintergrundfärbung ist mit unaufdringlichen, spacigen Drones bestückt. Dazu singt Gero so selbstversunken, dass man es ihm als Hörender gleichtut.
Das Spacige behält „Liquid Moon“ zwar bei, fährt die Drones aber herunter und konzentriert sich auf einen fröhlichen Hippie-Folk-Rock, den die Band mit zurückhaltenden Soli und dem Theremin zum Thema umbiegt. Das etwas schnellere „Still Again“ beginnt abermals mit Drumcomputer, im Gesamtsound mag man an die alten Sisters Of Mercy denken, doch drücken Grass Harp dem Song mit einer fuzzy Brettgitarre einen Hardrock-Stempel auf, dessen Druck Gero mit Sprechgesang verstärkt.
Für „Firemouth“ schalten Grass Harp erstmal die Effektgeräte aus, das Uptempo-Stück bekommt eine leichte melancholische Note mit Jangle-Gitarre, bis es im Refrain ausbrechen darf und das auch mit voller Energie vollzieht. Zum Abschluss geben Grass Harp vor, es handele sich bei „Rising Stars“ um eine Art Britpop-Song, doch führt das Quartett die Hörenden da in einen Hinterhalt und schmeißt die Space-Stoner-Maschinerie im Verlaufe des Songs an, verzerrt die Saiteninstrumente und rockt ins All. Die Landung fällt dafür wieder sanft aus.
Satte 18 Jahre ist „Play It On The Hill“ alt, das bis dato letzte Album von Grass Harp, das erschien, als die Band das Braunschweiger Kulturzentrum Brücke mit einem allerletzten Konzert dort zu Grabe trug. Abgesehen von einigen ausgewählten Auftritten blieb es um das Quintett danach ruhig, bis zum jüngsten Neustart, passenderweise im Planetarium Wolfsburg, in dem es diese EP vorstellte und sich mit alten Hits aus über 30 Jahren Bandgeschichte in die Erinnerung der Mitgealterten zurückrief. Die neuen Songs erwecken den Eindruckt, kompakter zu sein als die früheren, doch täuscht dies, nicht alle Tracks von Grass Harp waren zuletzt so episch ausgefallen wie seinerzeit etwa „Meadow Glow“, „Silver Haze“, „Orphans Of Infinity“, „Too Dizzy“ oder auch „Hazy Maze“ vom noch gerade so mit anderem Sänger aufgenommenen Debüt „Mushroom Circus“ von vor exakt 30 Jahren. Seitdem blieb die Besetzung unverändert: Gero Lütkemüller singt und bedient neuerdings selbst das Theremin, Fritz Aly und Bo Müller sind an den Gitarren und Murgl Krüger am Bass zu hören und Andy „Silver“ Plate sitzt am Schlagzeug. Willkommen zurück, ihr Spacetronauten!