Von Matthias Bosenick (25.01.2020)
Von Braunschweig aus über Fee zu schreiben, das birgt natürlich den Hauch von Eulen und Athen. In ihrer Heimatstadt sind Fee – oder auch in Eigenschreibweise: FEE – nach wie vor aktiv und populär, dank eines internen Generationenwechsels nicht nur bei denen, die seinerzeit mit „Mach dich lieber anders tot“ und „Schweine im Weltraum“ aufgewachsen sind. So sehr wiederentdecken muss man das zweite und dritte Album „Rezeptfrei“ und „SchizoFEEnie“ in Form dieser Rereleases der einstmals holden Fee daheim also nicht, wenngleich es durchaus geraten ist, den der NDW zugeordneten Platten allerorts neue Ohren zu schenken.
„Rezeptfrei“ ist natürlich das Album mit dem Hit „Schweine im Weltraum“, der auch gleich als Opener fungiert. „-raum“, wohlgemerkt, nicht „-all“ wie bei der Muppet-Show, denn damit hat der Song nichts zu tun. Eher noch mit Extrabreits „Polizisten“, skizzieren Fee hier schließlich ein hinterhältiges und repressives Überwachungsszenario mit Ab-18-Lyrik („Schweine sind am Drücker, und sie ficken dich“). 1982, mitten in der Neuen Deutschen Welle, unter den anderen unzähligen Bands, die zwischen einer deutschsprachigen Variante von Postpunk und – logisch – New Wave einerseits sowie der „ZDF Hitparade“ und niedlich-albernen Schlagerminiaturen andererseits ihre Entscheidung verfolgten, ob sie lieber Inhalte und Kunst liefern wollten oder doch nur schnelles Geld verdienen. Fee etablierten sich darin beinahe artfremd als horizonterweiterte Rockband, und dieses Erscheinungsbild tragen sie auch heute noch.
Es tut grundsätzlich mal gut, an die alten NDW-Sachen fast 40 Jahre später mal von der musikalischen Seite aus heranzugehen. Losgelöst von den vermeintlich lustigen Texten, auf die man sich seinerzeit angesichts der nichtdeutschsprachigen Hitparadendominanz mit Verve stürzte, trat diese Betrachtung bisweilen in den Hintergrund, und erst in der Rückschau offenbarte sich häufig, dass man es bei vielen Bands, so auch bei Fee, mit guter Musik zu tun hat, die eben mehr ist als nur der Träger eines Witzes. Internationale Eigenständigkeit hingegen ist eher selten, die gab es davor zuletzt im Krautrock und mit Kraftwerk, aber einige NDW-Künstler schälten sich ja aus ebenjenen Szenen hervor und tragen eine entsprechende musikalische DNA in sich. So auch Fee, die als Holde Fee seit 1970 eine Art Art-Rock machten, funky Jazz-Rock vielleicht; das einzige Album „Malaga“ aus dem Jahr 1976 brachte Sireena 2008 mit zwei Bonustracks auf CD neu heraus . Auf jener Basis entstand 1981 das Fee-Debüt „Notaufnahme“, von Sireena wiederveröffentlicht 2011, das noch stärker im rauhen Punkrock verwurzelt war als die nun vorliegenden Nachfolger.
Denn auf „Rezeptfrei“ und „SchizoFEEnie“ belegen die Braunschweiger, dass sie sich nicht allein am verkaufsfördernden Schlagerspaß orientierten, auch wenn es oberflächlich so wirkte, mit gelegentlich dudeligen Keyboards und vermeintlich fröhlichen Melodien. Doch hört man hier eher international vergleichbare Sounds heraus, angelehnt etwa Fischer-Z, die bei The Police abgeguckt Ska und Reggae in den Punkrock einfließen ließen. Fee spielen ihre Mucke ernsthaft, ernstzunehmend, da sind tatsächlich Musiker am Werk, keine Spaßkapelle, auch wenn sie Humor hat, diese Kapelle, aber einen eher subversiven; „Schweine im Weltraum“ wurde weiland seines Textes wegen großflächig aus dem Radio verbannt. Und noch heute gerät man ins Schlucken über Songs wie „Ab die Post, Nahost“ oder „Die gelbe Gefahr“; hat sich was mit unschuldigem NDW. Ein herausragendes Merkmal von Fee war und ist außerdem der zweistimmige Gesang, von Tom Ruhstorfer und – auf diesen beiden Alben – Martina Knorr, die ihren Texten eine Nachdrücklichkeit verleihen, die die Ernsthaftigkeit ihrer Absichten nur unterstreicht.
Erst 1984 landeten Fee auf Teldec und veröffentlichten mit „Große Taten – krumme Dinger“ ein letztes Album, auf dem sie zudem optisch und im Titel die Krankenhausthematik hinter sich ließen. 1986 folgte noch mit „Du musst zur Bundeswehr“ die deutschsprachige Version von Status Quos „In The Army Now“, eher Schwanengesang als Punkrockstatement. Auf der 1992er „Best Of“ gab es zwei exklusive Songs, dann war es das mit neuen Studioaufnahmen von Fee. Das 1992 mitgeschnittene „Live im Atlantis Braunschweig“, auch im Veranstaltungsort ein geschichtsträchtiges Dokument, erschien 2017, natürlich bei Sireena.
Tja, und heute sind sie immer noch da. Irgendwie. Vor drei Jahren tourten die Braunschweiger jedenfalls einmal mehr durch die Republik, als „NDW-Legende“; das ist Understatement und irreführend, weil Fee einfach mehr zu bieten haben. Sie sind eher Ideal, Spliff und Extrabreit als Frl. Menke, Ixi und Markus.