Von Matthias Bosenick (12.12.2015)
30 Jahre Erasure also (und nicht etwa das Weihnachtsgeschäft). 1992 erschien „Pop! The First 20 Hits“, 2003 „Hits! The Very Best Of Erasure“, 2009 „Total Pop! The First 40 Hits“, 2012 „Erasure Essential“ und nun „Always: The Very Best Of Erasure“. Der Fan und Sammler, den es auch 2015 tatsächlich noch gibt, kann nur ächzen: Was soll er damit? Mit der normalen 20-Song-Version erstmal gar nichts, da ist nur ein neuer Mix von „Sometimes“ drauf, der sich nicht sonderlich vom Original unterscheidet. Die Deluxe-Version hingegen bietet zwei Bonus-CDs mit Maxi-Versionen und Remixen, hauptsächlich historisch und selten – und ist damit definitiv ein Kaufanreiz. Bei der Auswahl der Tracks für die Hauptcompilation hingegen offenbaren Erasure selbst, was auch der hartgesottene Fan denkt: Seit 20 Jahren kam von dem Synthie-Pop-Duo kaum noch etwas Nachhaltiges heraus. Trotzdem gibt man gerne ein bisschen Respekt.
Die ersten 16 Stücke der ersten CD sind älter als 20 Jahre und decken damit die kreativ interessanteste Zeit des Duos ab. Drei weitere Songs sind jünger, der letzte ein Remix der wohl erfolgreichsten Single „Sometimes“. Das ist deutlich. Neun Alben in neun Jahren mit geilen Ohrwürmern und coolem Synthie-Pop, in den folgenden 20 Jahren zwar nur acht Alben, aber die so orientierungslos und geschmeidig, dass kaum etwas haften blieb. Damit bleiben also ganze fünf Alben unrepräsentiert. Mal ganz abgesehen von den ganzen Remixcompilations und Liveaufnahmen, die teilweise großartig sind, besonders die Nashville-Versionen. Also: CD eins braucht niemand, nicht mal der Formatradiohörer, der einfach auf die ersten beiden Best-Öffe zurückgreift und damit eine sogar umfangreichere Auswahl der besseren Zeit erhält.
Der Formatradiohörer wiederum wird an dem Bonus dieser Compilation weniger Spaß haben als der Fan und Sammler (der die „Singles“-Boxen nicht hat): Der „Mexican Mix“ von „Who Needs Love Like That“, „Der Deutsche Mix II“ von „Blue Savannah“, „Xou Surround Me“ im gitarrendurchsetzten „Mark Saunders Remix“ oder „Elevation“ im „BT Remix“! Dazu kommen vermutlich drei neuere Bearbeitungen älterer Songs sowie weitere rare Maxi-Bonus-Tracks. Unter den nur in den Credits erwähnten Remixern sind übrigens noch Fachleute wie Daniel Miller, Moby und William Orbit. Auf Vollständigkeit erhebt diese Sammlung natürlich keinen Anspruch: Dafür wäre vermutlich eine 50-CD-Box erforderlich.
Für Synthpopnostalgiker ist dies eine wahre Fundgrube (allerdings ohne Quellenangaben, die muss man sich im Internet zusammensuchen). Einmal wieder abtauchen in eine Jugend in den Achtzigern, als Chartsmusik zum Teil noch experimentell war und trotz eines Synthieoverkills ein für heutige Jugendliche unüberschaubarer Abwechslungsreichtum vorherrschte. Zu dem streckenweise schon Erasure allein mit ihren Songs beitrugen. Ganz abgesehen davon, dass Synthiechef Vince Clarke mit dem ersten Album von Depeche Mode sowie Yazoo die Charts schon umkrempelte, noch bevor er diese Taten mit Andy Bell ab 1985 als Erasure fortsetzte. Zumindest bis 1995, als sogar eine extravagante Chanteuse wie Diamanda Galás auf dem selbstbetitelten Album mitzauberte. Alles danach war immerhin irgendwie nett. Mehr aber auch nicht. Trotzdem: Fürs Gesamtwerk gibt es mehr als nur „A Little Respect“.
CD2:
01 Who Needs Love (Like That) (Mexican Mix) 6:07 (Remix-12“, 1985)
02 Oh L’Amour (PWL Funky Sisters Say “Ooh La La”) 7:14 (Remix-12“, 1986)
03 The Circus (Eternal Eraser Mix (Grumbling Fur)) 6:07
04 A Little Respect (Big Train Mix) 6:08 (Remix-12“, 1988)
05 Stop! (Vince Clarke Sync 82 Remix) 6:03 (Pop! Remixed, 2009)
06 Blue Savannah (Der Deutsche Mix II) 6:15 (Remix-12“/CD, 1990)
07 Chorus (Vegan Mix) 5:28 (Remix-12“, 1991)
08 Love To Hate You (LFO Modulated Filter Mix) 5:55 (B-Seite von #07)
09 Always (Microbots Inside Your Brain Mix) 5:03 (Remix-CD, 1994)
10 Fingers And Thumbs (Cold Summer’s Day) (Tin Tin Out Remix) 8:04 (Remix-12“, 1995)
11 Breathe (GRN’s ‘Anticipated’ 12” Re-Mix) 5:19
12 Elevation (BT Remix) 7:09 (12“, 2014)
CD3:
01 Victim Of Love (Vixen Vitesse Remix) 5:46 (Remix-12“, 1987)
02 Chains Of Love (Vince Clarke Remix) 5:13
03 Drama! (Krucial Remix) 7:07 (Remix-CD, 1990)
04 You Surround Me (Mark Saunders Remix) 7:32 (Remix-CD, 1989)
05 Star (Interstellar Mix) 6:28 (12“/CD, 1990)
06 Am I Right? (The Grid Remix) 6:40 (Remix-12“/CD, 1992)
07 Run To The Sun (Beatmasters’ Galactic Remix) 7:20 (12“/CD, 1994)
08 In My Arms (BBE Remix) 4:17 (Promo-CD, 1997)
09 Freedom (Mark Picchiotti Strumapella Remix) 8:11 (Pop! Remixed CD, 2009)
10 Be With You (Starshapes Remix) 4:57 (CD, 2011)
11 Sometimes (Erasure & Flood Mix) 4:55 (The Two Ring Circus, 1987)