Von Matthias Bosenick (19.04.2024)
Interessant, dass ein typischer Sound der Zeit – also Ende der Neunziger – 27 Jahre später wieder innovativ klingt: Auf ihrem Debüt-Tape „Insane“ brachte die Death-Metal-Band Deimos aus Deva, Siebenbürgen, Rumänien, Synthie-Effekte und Electro-Spielereien unter, reicherte den Genresound mit Experimenten an und scherte sich nix um Grenzen. Seinerzeit lediglich als Kassette erschienen, macht das Label Loud Rage Music diesen Szeneklassiker jetzt erstmals auf CD und digital verfügbar. „Insane“ ist die Entdeckung wert!
Schwer abzuschätzen, ob sich Puristen mit „Insane“ wirklich anfreunden können, dabei sind die Grundlagen schubladenkonform: tieftönende Riffs, grunzende Vocals, zwischen Headbanging und Speed changierende Tempi, so muss Death Metal, so verfahren auch Deimos. In den Grundzügen zumindest, vermutlich war dem Quar- bis Quintett damals langweilig, denn was es da noch so mit einbaut, sprengt die Ketten: Streicher-Samples, Soli wie aus dem klassischen Heavy Metal, beschleunigt abgespielte Gitarrenpassagen, elektronische Industrial-Effekte, Basssoli, Sprachsamples, Synthieflächen, untypische Snaresounds, Electro-Gimmicks, Akustikgitarre, Ambient, technoides Pulsieren, Ausflüge in Thrash-, Black- und Speed-Metal. Die große Kunst daran ist, dass die Musiker diese Elemente flüssig und schlüssig zusammentragen, dass sie das Album als Ganzes und die Tracks für sich spannend und nachvollziehbar anordnen. Letztlich lässt sich „Insane“ nicht nur mit sarenwama Obituary vergleichen, sondern auch mit Biohazard oder Refused.
In Rumänien war „Insane“ für die Leser des „Heavy Metal Magazine“ 1997 das Album des Jahres, und hört man es sich heute an, hat es auch 2024 das Zeug für Top-Platzierungen. Da mögen manche Übergänge etwas holprig sein, aber das nimmt man im Death Metal nicht übel, ganz abgesehen davon, dass die Ideen hier einfach überzeugen, jede für sich und in der Ausführung als geschlossenes Album. Die Band bestand damals aus Sänger, Gitarrist und Drumcomputerprogrammierer Radu Barb, Schlagzeuger Liviu Crișan, Bassist Corina Barb und Gitarrist Mihai Muntean, in einigen Stücken ergänzt um den zusätzlichen Gitarristen Victor Sârbu. Ein erstes Tape erschien bereits 1995 mit drei hier remixt eingefügten Songs, die die „Insane“-Tape-Versionen ersetzen, damals noch eingespielt als Trio mit Chris Kruger als Schlagzeuger. 2001 erschien das zweite Album „Death Squad“, ebenfalls nur als Kassette und abermals in verändertem Lineup mit Radu und Corina als einziger durchgehender Konstante. Dann war’s das mit Deimos. Die Liste der Neben-, Vorgänger- und Nachfolger-Bands ist unendlich lang: Nomad, Black Swan, Blonda Care Trece, Lotul Național de Hardcore, Atys, Putred, Reveler, Clone und Vorus (KrautNick berichtete).