Von Matthias Bosenick (12.08.2024)
Das ist Dienst am Fan: Die ganzen teils lediglich digital veröffentlichten Stücke, die nie auf Alben erschienen, als Compilation bündeln und einige unveröffentlichte Tracks dazupacken, das freut die Sammler, besonders jene haptischer Musikgenüsse. So verfährt das Hamburger Instrumental-Postrock-Duo Collapse Under The Empire auf dem recht pragmatisch betitelten „Non-Album Singles & Bonus Tracks“, auf dem sich in fast 75 Minuten 15 Stücke aus ebenso vielen Jahren finden; das Duo löst damit eine Bonus-Disc aus ihrer 2023er Werkschau-Box mit dem ebenfalls programmatischen Titel „Works“ heraus – und bleibt dennoch unvollständig. Zudem erscheint die Band ein wenig als One Trick Pony, denn große Varianten oder Entwicklungen lassen sich im Vergehen der Zeit nicht ausmachen, außer, dass alles bald runder geschliffen klingt als zu Beginn.
Es bleibt, wie es immer war, egal, aus welchem Jahr das Stück stammt: typisches Post-Rock-Gitarrenflirren, Opulenz, Epik, Theatralik, die große Geste, das himmelsstürmende Herz, ein gelegentliches leicht heavy Riff wie in „Dragonfly“, leichte Electro-Einschläge, Pianopassagen, Achteltakte, im Grunde der fett produzierte Kitsch. Der ist zwar echt ganz schön geworden, man mag sich das auch gern mal anhören, doch ist der Punkt mittlerweile überschritten, an dem man diese Art der Musik wirklich durchgehend aushält. Liegt es an der eigenen Lebenssituation, zu der der Sound von CUTE dereinst passte und die sich so weit veränderte, dass man andere Musik braucht, um sie widerzuspiegeln, oder daran, dass sich im Sound von CUTE im Grunde nicht viel tat, das Duo das Rezept kaum verändert, lediglich verfeinert, schlimmstenfalls sogar noch die frühen Ecken glättet?
Über Zeit wirkt der Sound von CUTE wie Gebrauchsmusik, was daran liegen kann, dass die Musik von CUTE tatsächlich Gebrauch findet, in Hollywood, TV und Werbung, und sich das Duo womöglich danach schon in der Absicht ans Komponieren machte, solcherlei externe Ansprüche vorauseilend zu erfüllen, um abermals in Hollywood, TV und Werbung Verwendung zu finden. Soll heißen: Es fehlt an Mut, die Erwartungen auch mal nicht zu erfüllen und die Fans vor den Kopf zu stoßen und trotzdem zu begeistern. Es fehlt der Bruch, es fehlt das Extrem, es fehlt die Überraschung.
Es geht ja auch anders, so eingestreute Riffs unterstreichen gelegentlich, dass Postrock ja eigentlich eine Gitarrenmusik ist, und in „Abstracted“ etwa gibt es ein unerwartetes Break mit dickem Drumsound danach, manche Electro-Passage schiebt den Postrock ganz nett in Richtung Synthiepop, in „Sacrifice“ drischt einer mal im sich rhythmisch steigernden Tempo auf die artifizielle Snare ein, ansonsten ist die Formel recht einfach gestrickt: geachtelte Gitarren, dazu opulente Streichertapeten, geloopte Melodien, alles erhebt sich aus dem Nichts und wird zuhörends größer, bis es einmal kurz zusammensackt und dann in der vorherigen Intensität weiterrollt, bis zum chilligen Outro. Alles irgendwie emotional, aber unbestimmt – nicht melancholisch, nicht romantisch, nicht erbaulich, also eigentlich so formelhaft wie die Musik.
Nun ist „Non-Album Singles & Bonus Tracks“ nicht nur der Zwölf-Vinyl- oder Elf-CD-Box „Works“ entrissen und als CD separiert, sondern beinhaltet auch noch zu großen Teilen Auszüge aus der Vier-LP-Compilation „The End Of Something“ aus dem Jahr 2019, dafür aber beim besten Willen nicht alle Tracks, die dem Titel gerecht würden; schnelles Beispiel: Von den schlicht durchnummerierten „Section“-Tracks ist lediglich der erste enthalten, die „Paintball EP“, das Quasi-Debüt aus dem Jahre 2008 mit dem quasi-selbstbetitelten Track „Cute“, gar nicht. Sei’s drum, sagt der Zyniker: So groß sind die Unterschiede ja eh nicht. Einen qualitativen Abfall zu den Album-Tracks indes kann man dennoch nicht ausmachen, die sind nämlich auch so. Wer nicht genug bekommen kann, bekommt hier ausreichend mehr.