Von Guido Dörheide (11.02.2024)
Ein neues Album von Chelsea Wolfe ist für mich immer einer der Albumveröffentlichungshöhepunkte überhaupt. Schon wochenlang fiebere ich dem Release entgegen, kann es dann kaum erwarten, das Werk noch am Veröffentlichungstag zu hören, und wurde nie enttäuscht.
So auch bei „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ (ein Titel, der offenbar als Endlosschleife angelegt ist), ein Album, das zunächst sehr elektronisch und irgendwie düster-triphoppig daherkommt, aber gleich beim ersten Stück („Whispers In The Echo Chamber“) deutlich macht, wieso ihre Werke immer auch in der Metalpresse rezensiert werden, obwohl es sich bei der Musik nicht um Heavy Metal handelt. „Whispers In The Echo Chamber“ beginnt mit Geräuschen, Fiepen, Bass, elektronischem Schlagzeug und inbrünstig hingehauchtem Gesang von Ms. Wolfe. Und ihre Stimme haut mich dabei wieder einmal mehr komplett um. Auch wenn Chelsea Wolfe scheinbar beiläufig einen Text hinhaucht, sind dieser Gesang und diese Stimme sowas von präsent und raumfüllend, ohne es anscheinend darauf anzulegen. Irgendwann kommt dann eine extrem verzerrte Gitarre irgendwo im Hintergrund hinzu, das Stück bleibt ruhig und erreicht dennoch eine unglaubliche Härte. Frau Wolfe lässt sich von alldem nicht aus der Ruhe bringen, sondern singt einfach in ihrem Tempo und mit ihrer Intensität weiter.
„House Of Self-Undoing“ ist hektischer Gothic Rock, schnelles Schlagzeug, brummende Synths, Gitarren und Bass, monotone Synths in höherer Tonlage, und dazu wieder Chelsea Wolfes ruhiger, intensiver Gesang.
Einer meiner Favoriten auf dem Album ist „Tunnel Lights“, ein Song, der die Hörenden quasi in sich hineinzieht, in langsamem Tempo herumwirbelt und am Ende sowohl ratlos als auch glücklich zurücklässt.
Weiters möchte ich „Eyes Like Nightshade“ hervorheben, auf dem die Elektronik etwas nervöser pluckert als auf den bisher gehörten Tracks, was ihm noch ein wenig mehr Düsternis verleiht. Auf dem folgenden „Salt“ pluckert es weniger, dafür tönt es melodramatischer und die Düsterkeitsschraube wird nochmal um eine Vierteldrehung mehr angezogen.
„Dusk“ am Ende des Albums ist auf einem harten, aber schleppend-langsamen Drumbeat aufgebaut, dazu setzt Wolfe ihre Stimme für ihre Verhältnisse sehr zurückhaltend und zögerlich ein, als singe sie nicht im Studio mit eingeschalteten Aufnahmegerät, sondern allein für sich in der heimischen Küche. Die gegen Ende des Song aufgetürmte Wand aus Synths, Drums und Gitarren übertönt den Gesang dann beinahe, was jedoch nicht wie ein Unfall herüberkommt, sondern die Stimmung des Songs toll unterstreicht und einen wunderbaren Abschluss für das Album bildet.