AVTT/PTTN – AVTT/PTTN – Thirty Tigers/Ipecac Recordings/Ramseur Records 2025

Von Matthias Bosenick (08.12.2025)

Von Jello Biafra ist überliefert, dass er seine Kooperation mit Mojo Nixon deshalb einging, um die Jugend nach all dem Punk und Metal mal mit Country zum Satanismus zu führen. 32 Jahre später macht ihm das Mike Patton nach: Der Brüllmeister des verfrickelten Mosh tut sich mit den – anders als Mojo Nixon – eher weichgespülten Avett Brothers zusammen und macht ein Country-Album. „AVTT/PTTN“ hat nun beides, Country und Western, und außerdem darüber hinaus noch zwei unerwartete Perlen. Geht so.

„The Dark Night Of My Soul“ ist schön weichgespülter Emo-Country mit melancholischen Chören und Mundharmonika, gespielt übrigens von Willie Nelsons Mitmusiker Mickey Raphael, als wäre es ein Übrigbleibsel von Johnny Cash, das in die falschen Hände geriet. Hier wechseln sich die Schmalzstimme der Avetts mit der erprobten durchdringenden Opernstimme Pattons ab. Man hört ihm an, dass er die größere Klarheit und Aufmerksamkeit gewohnt ist, seine Halbbrüder Scott und Seth gehen da zurückhaltender vor. „To Be Unknown“ verharrt im Schlageresken, inklusive Banjo, aber an dritter Stelle gewinnt dann Pattons Experimentierfreude die Oberhand: „Heaven’s Breath“ ist rauher, schneller, lässt den Avetts aber etwas Raum, um zumindest im Hintergrund zu agieren; mit Chören etwa. Den Eindruck, es mit einem gitarrenunterfütterten Disco-Track zu tun zu haben, negiert das psychedelisch verfuzzte Ende. Wow.

Aber das war nur ein Kompromiss. Danach geht es nämlich wieder schlageresk weiter. Nichts gegen die Musik, die ist einwandfrei gespielt und punktgenau produziert, das Schlagzeug etwa hat mehr Durchschlagskraft, als man es in diesem Kontext erhofft hätte. Dann kommt an siebter Stelle das Traditional „The Ox Driver’s Song“ und man fühlt sich leicht an die bedauerlicherweise aufgelösten 16 Horsepower erinnert: Das Stück ist schwerer als die anderen, hat Einflüsse von spirituellem bis manischem Gesang, ersterer möglicherweise bei amerikanischen Ureinwohnenden abgehorcht, und wirkt überhaupt wie eine Beschwörung. Zur Hälfte dreht der Song noch richtig auf, bekommt ein elektronisches Schlagzeug – beigesteuert von Otto von Schirach – und gerät reichlich experimentell, mit Beatboxing etwa. Nochmal wow.

Bleiben noch zwei Songs, und die widmen sich wieder der Opulenz, dem Kitsch, den großen Gefühlen, die mutmaßlich die Avett Brothers mitbringen und auf die sich Patton bereitwillig einlässt. Warum auch immer. Eine von ihm schmalzig gesungene Zeile wie „When you fucked it up“ wird man im Kontext der Brüder jedenfalls noch nie gehört haben, so viel Patton darf dann sein. Macht in neun Songs zwei, die man in Erinnerung behält. Da war Pattons Italo-Platte „Mondo Cane“ überzeugender. Und da waren Jello Biafra und Mojo Nixon konsequenter.