Araf – Bathrah – Antibody 2023

Von Matthias Bosenick (15.08.2023)

Der Sound der EP „Bathrah“ ist nahe dem frühen Wave, also synthetische Drums und introvertiert gegniedelte Gitarre, aber da es das ja schon seit 40 Jahren gibt, das Duo Araf da aber trotzdem etwas Eigenes draus stricken will, kombiniert es diese Musik mit der aus dem Nahen Osten und Westarabien. Othman Cherradi (alias Prophän, Marokko) und Joseph Jadam (alias Maltash, Libanon) halten den Gesang der vier Stücke ihrer in Brüssel aufgenommenen EP auf Arabisch, der Musik dazu gelingt der Spagat zwischen früher und heute, zwischen Europa und Arabien, zwischen Gothic und Folklore, ohne dass irgendetwas davon merkwürdig wirkt. Aber dafür angenehm deprimierend.

Der Drumcomputer pluckert stoisch vor sich hin, die Gitarre bleibt auf wenige Töne beschränkt und gniedelt in hohen Tonlagen, so kennt man es, Red Lorry Yellow Lorry, The Sisters Of Mercy, ganz frühe The Cure, um nur die prominenteren Vertreter aufzulisten. Der dritte Track erfüllt die Erwartungen an das frühe Darkwave-Genre mit den wenigsten unerwarteten Elementen, das Stück hätte musikalisch auch von – sagen wir – Screams For Tina sein können. Der Gesang murmelt monoton, wie gepresst, lauernd; ja, so kennt man das. Auch der vierte Song klingt noch vertraut, mit einer schönen Keyboardfläche zu Gniedelgitarre, verträumt groovendem Bass und einem dem Industrial entnommenen Snare-Sound sowie ordentlich Hall auf der dunklen Stimme.

Anders die erste Hälfte der EP: Zwar startet der Opener mit einem typischen elektronischen Sound, doch sobald die Gitarre einsetzt, fühlt man sich in den Orient versetzt. Die Melodie trägt die arabische Folklore in den Song, der Sprechstimme ist deutlich das Arabische zu entnehmen, auch der Gesang orientiert sich an arabischer Melodik. Kombiniert mit Sisters-ähnlicher Musik ist der Song ein ungewöhnlicher Einstieg ins die grenzensprengende Gruftmucke, den auch der zweite Track aufgreift. Die Grundmusik ist weiterhin synthetisch, die Gitarre bleibt orientalisch, der Gesang schließt sich dem dieses Mal an. Der ganze Track bekommt mehr Soundschichten, dies dürfte der dichteste, hypnotischste dieser EP sein.

Nachdem Cherradi und Jadam bereits live zusammen auf Bühnen standen, ist „Bathrah“ ihre erste gemeinsame Arbeit, die sie von Brüssel aus angehen. Sieht man sich die Logos ihrer jeweiligen Projekte Prophän und Maltash an, käme man eher auf den Gedanken, es mit Black Metal zu tun zu haben, und so ganz unrichtig ist das auch nicht: Maltash kombiniert Doom und Industrial mit orientalischen Einflüssen, während Prophän elektronische Industrial-Ritual-Musik macht. Beide äußern sich jeweils politisch, zu gesellschaftlichen und religiösen Missständen, da ist davon auszugehen, dass das auch auf „Bathrah“ zutrifft. Laut Info bedeutet der Titel „Ekel“, wenngleich die virtuellen Übersetzer da andere Ergebnisse liefern, obschon die Übersetzung aus dem latinisierten Wort noch schwieriger sein dürfte als direkt aus dem Arabischen. Für den Projektnamen Araf gibt es die Vorschläge „Wahrsagerin“ und „Fegefeuer“, er könnte auch an al-A’raf angelehnt sein, die siebte Sure des Korans; für den Titel „Bathrah“ heißt es wahlweise „Bereichern Sie ihn“, „Pickel“ oder „Pfui“, was dem „Ekel“ am nächsten käme.

Die Tracks der EP mit versuchter Übersetzung aus mehreren Quellen:

01 „هاك وارا“, „Hak wara“, „Hier ist Wara“
02 „على حياتي“, „In meinem Leben“, andere Quelle: „Über meine Leiche“
03 „مش عارف حالي“, „Ich weiß es jetzt nicht“, andere Quelle: „Ich weiß nicht, wie es mir geht“
04 „مبغيتش نمشي“, „Ich will nicht laufen/gehen“