Von Matthias Bosenick (01.07.2014)
Sind die gut! In Sachen Elektro, Techno, Ambient, Downbeat, Deep House oder was auch immer gibt es kaum bessere Acts als Gus Gus (oder auch GusGus, gesprochen „güsgüs“). „Mexico“ ist das vierte überragend gute Album in Folge (also in sieben Jahren). Die Songs sind welche, also nicht einfach nur Tracks, und machen auch zu Hause viel Spaß, nicht nur im Club. Gute Laune mit Anspruch, Niveau, Lebensfreude und ganz viel Raum.
Die Musik von Gus Gus zielt nicht auf Tempo ab, um tanzbar zu sein. Den Körper sprechen die Isländer mit den Soundeffekten an: Die Keyboards kommen selten flächig daher, sondern meist effektvoll zerhackt. Über die bisweilen kargen percussiven Gerüste gelegt, strebt die Musik in den großen Saal, oder, um es mit Béla Réthy zu sagen: Sie nutzt die Höhe des Platzes. Das wäre ja soweit schon ganz nett, aber: Gus Gus singen. Sie haben vielleicht nicht wirklich etwas zu sagen, oft geht es um Sex („Obnoxiuously Sexual“) und DJ-Technik („Crossfade“), aber man hört ihnen gerne zu, weil sie Soul haben. Die Songs bestechen durch schöne und eingängige Melodien und bisweilen mehrstimmigen Gesang, männlichen wie weiblichen. Mit ordentlich Hall auf Stimme und Effekten füllt das Gesamtergebnis nicht nur die Großraumdisco, sondern auch Kathedralen.
Wer will, findet nicht nur Anlehnungen an die vorherigen Alben „Forever“, „24/7“ und „Arabian Horse“, sondern auch an Faithless, Italo Disco und Northern Soul. Vom Sound der frühen Tage, Mitte bis Ende der 90er, sind Gus Gus inzwischen weit abgerückt. Das ist einerseits schade, weil gerade die stark von Percussions und Live-Darbietungen geprägte Tanzmusik auf „Gus Gus“ (1995, damals gehörte Emilíana Torrini noch zum zwölfköpfigen Line-Up) und „Polydistortion“ (1998, nurmehr neun Mitglieder) einzigartig waren, aber – nun: Das, was man heute bekommt, ist ebenbürtig und nicht minder einzigartig. Übrigens waren drei der fünf heutigen Mitglieder schon 1995 an Bord, aber nicht alle kontinuierlich. Gawd, macht es Spaß, diese Musik zu hören. Übrigens liegt der Vinyl-Ausgabe das Album als CD bei.