Von Onkel Rosebud
Meine Freundin nennt sich selbst Fan von Helge Schneider. Sie empfindet den Mann als ungemein talentiert. Dieser Virtuose kann richtig gut Musik machen und Hauptbestandteil seiner Tätigkeit auf der Bühne ist die echt hervorragende Improvisation. Sie hat sich in den letzten Jahren auf Konzerten mehrfach davon überzeugt. So meinte sie, kann sie seine Komik analysieren, obwohl das bei ihm nicht so einfach ist. Beziehungsweise es ist so einfach, dass es nicht zu erklären ist: Von seinem Werk geht nämlich eine Magie aus, die sich sämtlichen Erklärungsversuchen entzieht.
In seinen Filmen macht er eigentlich genau dasselbe, wie wenn er live aufgetreten ist. Zwischen 1993 bis 2013 schuf die singende Herrentorte fünf Filme. Meine Freundin nennt sie scherzhaft die „Spiel mir das Lied vom Kot“-Pentalogie. Wir haben sie teilweise mehrfach zusammen gesehen, weil wir Helge ins Herz geschlossen haben, was uns aber auch zu einer dezidierten Meinung qualifiziert. Das Konzept, auf Filmlänge einfach mal kein erkennbares Konzept zu haben, kann ich deshalb handlungsmäßig wie folgt zusammenfassen:
Kommissar Schneider ist gut, weil scharfsinnig. Und er ist zu seiner Mutter nach Texas bei Mühlheim an der Ruhr zurückgekehrt. Nach neunzehn langen Jahren. Der reptilienhafte Kettenraucher Jean-Claude Pillemann, genannt „die Eidechse“, Clown Metulski und der Fischverkäufer Teddy Schu haben noch eine alte Rechnung mit seinem Alter Ego, Doc Snyder, zu begleichen, sehr zum Ärger seiner Frau. Bruder Hank wird gehängt, was die ganze Sache für den kauzigen Ermittler noch kniffliger macht. Rettung verspricht der alternde Revolverheld Nasenmann. Er findet den Jazz-Fan Dr. Hasenbein, der in dem Mikrokosmos seines idyllischen Stadtviertels ein glückliches Leben zwischen Arztpraxis, Jogging und Jazzmusik führt. Er spielt in einer Band und träumt von einer Karriere als Musiker. Aber dann bricht ein Krieg aus. Ein Tabakladen wird ausgeraubt und ein Huhn verschwindet. Der Wirt der Jazzkneipe stirbt. Nihil Baxter fängt den Wurm und flieht nicht nach Rio. Ein Bild, das 00 Schneider am Tag der Tat gemalt und mit dem passenden Datum versehen hat, versetzt die Tante aus Amerika in die Lage, die Schurken ihrer verdienten Strafe zuzuführen…
In den Filmen gibt es keinen normalen Aufbau, keine Spannung, keine Action und streng genommen ja auch eigentlich keinen Humor. In einem kleinbürgerlichen Ruhrgebiets-Ambiente werden autobiografische Episoden in künstlerischer Anarchie zu einem wohlgeprobten, anspruchsvollen Unsinn zusammengewebt. Mitglieder seiner Begleitband und viele „Freunde und Bekannte“ sind zu sehen, wobei der eine oder andere angesichts der Dämlichkeit der Geschehnisse immer mal wieder in ein ebenso dämliches Grinsen ausbricht.
Das ist Verweigerungskomik und macht es einem „normalen“ Publikum nahezu unmöglich, irgendeinen Zugang dazu zu finden. Der Charme des Unfertigen, ein Ergebnis, das dem Zufall überlassen ist, Helge Schneider rebellierte mit seinen Filmen gegen den Irrsinn der Normalität. Und wir mit.
Jederzeit Butter im Haus hat
Onkel Rosebud