Von Onkel Rosebud
Das Intro ist ja immer ein Signal: Jetzt kommt was Besonderes, jetzt kommt der neue Programmpunkt, jetzt kommt die neue Episode. Bereite dich darauf vor, stell dich drauf ein. Jetzt ist der Zeitpunkt, wieder zur Couch zurückzukehren. Komm aus der Küche heraus und setz dich hin und genieße die nächste Episode.
Aber, ein besonders schlechtes Beispiel für ein Serienintro ist „The Wire“, die vielleicht komplexeste Fernsehserie aller Zeiten. Zum einen ist die Eröffnungssequenz viel zu langatmig und zum anderen ist die Gospelmusik vom Inhalt her für die Krimiszene nicht mitreißend genug. Immerhin bleibt man konsequent und bekommt im Intro keinen einzigen Charakter zu Gesicht, dafür aber allerhand Ausschnitte von Kriminalität, Gewalt, Tatorten, Drogen, wahllosen Zahlenkombinationen und was man sonst noch alles mit der Serie in Verbindung bringt. Obwohl in den einzelnen Sequenzen viel passiert, bleibt keine davon richtig in Erinnerung. Da das Intro sehr lang ist, wirkt diese Aneinanderreihung von Bildern nach den ersten zehn Sekunden schon langweilig und die langsam vor sich hin schreitende Musik verstärkt das nur noch. Die Namen der Schauspieler nimmt man zwar zur Kenntnis, aber im Wirrwarr der Bilder gehen sie dann doch ein wenig unter. Im Gegensatz zu der Serie selbst ist der Vorspann dieses gesellschaftskritischen Meisterwerkes alles andere als spannend und interessant. Da wäre die klassische Variante mit eingeblendeten Charakteren und den Darstellernamen, ein simpler Schriftzug oder aber allein die aussagekräftigen Zitate am Ende womöglich die bessere Wahl gewesen.
Deshalb geht das Überspringen des Vorspanns auch in Ordnung. Der „Skip Intro“-Button wurde zu Recht erfunden, denn alles wird quasi im Dienste eines Serienbingers optimiert.
Meine Freundin hat einen Trend entdeckt: Die Vorspanne werden immer kürzer. Zwei Sekunden. Genau so lang dauert der Vorspann der Serie „Damengambit“. Kein Bild, keine Musik. Nur kurz der Serientitel vor schwarzem Hintergrund. „The Marvelous Mrs. Maisel“ macht das zum Beispiel auch so. Da wird zum Teil nicht mal mehr der Titel eingeblendet, sondern nur noch die Anfangsbuchstaben der Wörter (zum Beispiel „Sex Education“, oder „I may destroy you“).
Meine Freundin schaut den Vorspann zwar noch, aber häufig nur ein einziges Mal – nämlich vor der allerersten Folge. Danach wird er schnell weggeklickt. Der Vorspann ist also nicht mehr das Intro zu einer Folge. Sondern das Intro zu einer ganzen Staffel.
Onkel Rosebud