Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Im Zweifel für die Zweiflers

Von Onkel Rosebud

Wenn es darum geht, Perlen der deutschen Serienlandschaft aus dem für Qualitätsfernsehen bekannten Sender ARD zu entdecken, ist meine Freundin gern mit von der Partie. Dabei hat sie nichts dagegen, wenn der deutsche Weg aus gutem Nachahmen statt schlechtem Neuerfinden besteht. Die Idee, ein emotional turbulentes und kunterbuntes Familienporträt mehrsprachig zu erzählen, ist aus „Shtisel“. Die Geschichte eines Patriarchen, der einen Nachfolger sucht, erinnert an „Succession“. Die Hintergrundmusik, Kameraführung und teils skurrilen Figuren lassen einen an „White Lotus“ denken. Das Essen in Großaufnahme und der Stress ähneln „The Bear“. Fertig ist „Die Zweiflers“.

Die jüdische Großfamilie Zweifler betreibt erfolgreich ein Delikatessengeschäft in Frankfurt am Main. Doch eines Tages überrascht der Patriarch alle mit der Ankündigung, den Betrieb zu verkaufen. Es kommt zum Konflikt zwischen Moderne und Tradition. In sechs Folgen zeichnet die Serie ein Bild von Leben und Alltag jüdischer Menschen im heutigen Deutschland.

Die Protagonisten dürfen auch mal über einen längeren Zeitraum Englisch oder Jiddisch sprechen. Und Identitätsfragen müssen nicht beantwortet, sondern dürfen auch nur mal angestoßen werden. Wie als sich Enkel Samuel in die Schwarze Köchin Saba verliebt. Kurz nach ihrem Kennenlernen liefern die beiden sich ein ironisches Battle, was nun eigentlich schlimmer war: Der Holocaust oder die Sklaverei. Sie sagt: „Sie haben uns in Zoos ausgestellt!“, worauf er kontert: „Aber wir wurden zu Lampenschirmen verarbeitet.“ Sie entgegnet: „Wir wurden auf Auktionen verkauft!“. Debatten, die hier als Punchlines auftauchen, ohne dass es peinlich wird.

Jedes Familienmitglied inklusive der Liebes- und Freundschaftsanhängsel bekommt eine eigene Geschichte. Die mit Stereotypen spielen, um sie dann im richtigen Moment zu brechen. Dass das gelingt, liegt nicht nur am Drehbuch, sondern auch an den Schauspielerinnen, am modernen Setting und der Kameraführung.

Darauf, dass das Unterrichtsmaterial wird, wettet,

Onkel Rosebud