Von Guido Dörheide (19.05.2025)
Messa aus Cittadella in Italien gibt es seit 2014 und sie haben ursprünglich mal Doom-Metal gemacht. Hört man sich das 2016er Debütalbum „Belfry“ an, stellt man auch fest, dass diese Band es unheimlich drauf hat. Mit knurrend-dröhnenden Gitarren, aggressiver Langsamkeit und der wunderbaren Stimme von Sängerin Sara B. konnten Messa dem durchaus abgenudelten Genre (wer zum Teufel möchte noch eine neue, wie Candlemass, My Dying Bride oder werauchimmer klingende Band hören?) tatsächlich neue Elemente wie zum Beispiel Stoner-mäßige Gitarrenarbeit hinzufügen, auf „Feast For Water“ (2018) setzten Messa fort, was sie zwei Jahre zuvor begonnen hatten, wobei sich aber mehr düsterer Rock in die Musik einschlich. 2022 erschien „Close“, auf dem sich Messa noch mehr dem dunklen Sound von sagen wir mal Anna von Hausswolff oder Chelsea Wolfe annäherten – hier jetzt mit irgendwie orientalischen Einsprengseln. Messa ist also eine Band, die zwar einen irgendwie definierten Pfad beschreitet, sich dabei aber erstaunliche und überraschende Freiheiten nimmt. Aber alles irgendwie Doom, oder? Ja – bis „Close“ schon, aber jetzt?
Beim ersten Stück, „Void Meridian“, fällt auf, dass sich Messa hier elektronischer anhören als auf den bisherigen Alben – irgendwas pluckert da unheilverkündend vor sich hin und dann setzt eine schrille 80er-Jahre-Gitarre ein, Sara B. singt höher als zuvor gewohnt und Gitarre und Bass ergänzen sich zu einer Melodik, die wir von unseren Helden der 80er Jahre wie Bauhaus oder Siouxsie And The Banshees kannten. Das ab Minute 3 einsetzende Solo ist dann wieder ohne Zweifel Metal, aber vorher war es etwas Anderes. Das zweite Stück, „At Races“, hat überhauptnix von Metal, hier haben wir es mit richtig schönem 80er-Jahre-Gothic-Rock zu tun, ein Genre, wo Sara B.s Gesang wunderbar hineinpasst, dazu Gitarren mit viel Hall und Melodien voller Atmosphäre. Ab hier ist kaum zu glauben, dass wir es mit derselben Band zu tun haben wie auf „Belfry“, „Feast For Water“ oder „Close“, allein die Qualität des Dargebotenen ist ebenbürtig.
„Fire On The Roof“ beginnt mit einem großartigen Synthesizergeblubber, hinzu kommt eine schrill-klagende 80er-Jahre-Indiegitarre, dann fängt Sara zu singen an, ab kurz vor Minute 2 tönen dann Bass, Gitarre und Saras Gesang gegeneinander an und das Resultat ist wunderbar. Anschließend macht der Bass deutlich, dass die Wurzeln der Band im Metal liegen, bis wieder Sara das Regiment übernimmt und sich anschließend mit Bass und Gitarre duelliert (schöne Soli dann auch wieder!), bis der Song schießlich ausfadet.
„Immolation“ beginnt erstmal mit über zweieinhalb Minuten ruhigem Intro und richtig schönem Gesang von Sara B., und dann glaubt man, die Scorpions aus der Uli-Jon-Roth-Phase hätten sich auf die Bühne geschlichen, um uns gitarrenmäßig einen einzuschenken, und dann bringt Sara mit ihrem Gesang die Instrumente zum Verstummen. Haben es elektrisch verstärkte Instrumente verdient, sich derart von einer Sängerin unterbuttern zu lassen? Nein, das zeigen sie am Anfang von „The Dress“, hier hören wir allerschönsten Gotikrock der reinen 80er-Jahre-Schule, und dann beginnt Sara mit ihrem Gesang, kaum instrumentiert. Wunderschön klingt das und bei 1:40 Minuten donnert alles nochmal richtig los, dann wird es ruhiger, um dann wieder loszudonnern. Abgeschmacktes Schema, aber hier funktioniert es wunderbar.
Und wow – auf dem folgenden „Reveal“ hören wir eine Slide-Gitarre, fast eine ganze Minute lang! Hernach bratzt es los, die Slide-Melodie aufgreifend, und zwar nicht nur mit der Gitarre, sondern auch noch mit dem Bass. Klingt toll, und dann fängt Sara B. zu singen an. Klingt weiter toll, alle Instrumente hauen mit ihr in dieselbe Kerbe, ich reiße mein Zippo hoch und wiege den Oberkörper im Takt und stelle dann fest, dass ich alleine im Kinderzimmer vor dem Thinkpad sitze, setze mich wieder und höre mir den Rest des Songs ganz normal an meinem historischen Bundespost-Schreibtisch an. Nach knapp 5 Minuten ist eh alles wieder vorbei. Nicht so beim letzten Stück: Mit 8:44 Minuten kündigt sich nochmal ein echter Monolith an. Dieser beginnt mit schön klarem Synth und Saras Gesang, keine Spur von Metal und von Doom erst Recht nicht. Bis dann bei 1:20 die Gitarre einsetzt: Ein Iommy-Gedächtnisriff, Sara singt weiter und schon nach Kurzen geht es mit Synth und Vocals weiter, ohne Gitarre. Diese erlebt dann aber ab Minute 2:43 ihre Renaissance und lässt auch nicht mehr locker, fein gniedelnde Soli inbegriffen! Ebenso wie stonig-rockende Riffs. Und Saras Gesang passt wunderbar zu allem, was hier musikalisch geboten wird und am Ende endet das Album nochmal schön metallisch-melodisch.
Hier hat sich eine Band über ihren ursprünglichen Stil, den melodischen Doom-Metal, hinausentwickelt und etwas Neues, wunderschön Gotisches geschaffen und ich bin gespannt, wohin das führt!
Exkurs nutzloses Wissen: Das Albumcover zeigt einen Ouroboros, die Schlange, die sich selbst in den Arsch beißt. Dasselbe Symbol hat auch die Millennium-Gruppe in der gleichnamigen Serie „Millennium“ aus den 90er Jahren, die ich mir gerade zusammen mit der Liebsten auf DVD ansehe, als Erkennungszeichen verwendet.