Von Matthias Bosenick (15.05.2025)
Etikettiert mit Math Core und Post Rock, biegen Cotoba diese Genres dann doch in komplett eigene Richtungen – nicht zuletzt mit Liedstrukturen, die sie von zu Hause einbauen, und das liegt in Seoul, Südkorea. Entsprechend erfrischend ungehemmt geht das Trio auf seiner neuen EP „Sin Swims“ mit den Genres und den Erwartungen um und präsentiert nach einem brachialen Opener vier Songs, die eher als Ballade aufzufassen wären. Lärm bekommen sie trotzdem unter den harmonischen Gesang geschoben.
Zunächst beeindruckt die enorm ausdrucksstarke Stimme von Dafne, die an Sängerinnen wie Siouxsie Sioux erinnert. Diese Goth-Inbrunst behält sie weitgehend bei und setzt damit einen ungewöhnlichen Kontrast zur jeweiligen Musik der Songs. Los geht es mit „Syhi“, einem räudigen Stück Mathcore, das brutal durchs Gehör holpert und zu dem die Stimme zunächst nicht passen will, sich aber nach einer Sekunde Bedenkzeit die bestmögliche Besetzung für diese Musik herausstellt. Dieses Stück legt zudem eine reichlich falsche Fährte für den Verlauf der kaum zwanzigminütigen EP, denn so sehr Rock’n’Roll mit Hasenhaken ist keiner der weiteren Songs mehr.
Weiter geht es nämlich eher balladesk. „Ice Sea“ beginnt stiller und wird zu einer Gniedel-Power-Ballade, die klingt wie ein Haufen westlicher Klischees zusammengewürfelt und mit Koreanischem Gesang dazu. Die Hardrock-Power nimmt die Band für „今t合 (Contigo)“ wieder raus, dieses Instrumental ist eine wunderschöne Spielerei auf der Gitarre. Die beinahe direkt in „Away Home“ übergeht, das dann aber Gesang bekommt und eine komplette Instrumentierung, mit einem Refrain, der nach der Popversion von Post Rock klingt, das muss man auch erstmal hinbekommen. Zuletzt bratzt die Band schärfer los – weiterhin begleitet von diesem wunderschönen Popgesang. Das finale „Sin“ ist abermals eine Ballade, aber mit etwas schrägeren Elemente drin, wiederum kombiniert mit dem schönen Gesang, der nach einer Weile sogar zweistimmig gehaucht erklingt. Zuletzt bricht die Band aus und macht aus dem Stück einen Power-Indierock und Shoegaze.
Was wundert, ist, dass hier die bereits 2024 veröffentlichten Singles „Ice Sea“ und „Away Home“ in gekürzten Versionen untergebracht sind. Weder die CD noch ein Stream setzten bei der geringen Gesamtspielzeit Kapazitätsgrenzen; sei’s drum. Cotoba veröffentlichen seit 2019 stapelweise EPs und Singles sowie 2022 mit „4pricøt“ ihr bisher einziges Album. Eine kompositorische oder auch musikalische Nähe zu Jambinai, einer der wenigen weiteren Bands aus Südkorea, die nicht K-Pop machen und außerhalb des Landes bekannt sind, lässt sich nicht zwingend ausmachen. Als Bandmitglieder listet die Info DyoN Joo, Dafne und Hyerim auf, an den Vorabsingles war noch Minsuh beteiligt und zuvor waren statt der beiden Letztgenannten euPhemia und Marker zu lesen.