Rulaman – Death Whistle – Tonzonen Records 2025

Von Matthias Bosenick (14.04.2025)

Rulaman aus Reutlingen machen sich einfach mal einen Spaß daraus, dass es überhaupt so etwas wie Genreschubladen gibt. Deshalb bringen sie auf ihrem zweiten Album „Death Whistle“ weit mehr unter, als es die grob aufgebrachten Etiketten zuließen: Lässt sich die Musik zwar in weiten Strecken irgendwo bei Doom oder Stoner Rock einordnen, passt es im Detail kein Bisschen mehr. Dafür sind die drei Musiker einfach zu verspielt, zu einfallsreich und zu offen. Orgel, Saxophon, Northern-Soul-Rhythmen und ein Hauch von Disco finden ihren Platz neben Black Sabbath, und zwar einen passenden.

Ja, Doom, mit Doom in metalschwerer Darreichungsform startet das Album, und schon zu Beginn reibt man sich verwundert die Ohren, dass die Band da im achtminütigen Titeltrack gleich mal die Orgel auspackt. Dann ist man überrascht, dass der Gesang sich nicht an die Dunkelheit der Musik anpasst, sondern unerwartet hoch und mit klarer Stimme vorgetragen daherkommt, als sei genau dies die Absicht, nämlich, einen Kontrast zu setzen zur musikalischen Düsternis. Dann fällt einem wiederum ein, dass Ozzy bei Black Sabbath ja auch nicht eben tief sang. Später folgen Passagen auf diesem Album, in denen der Gesang mehrstimmig erfolgt, und dann erinnert die Tonlage an Layne Staley. Und noch etwas bindet bereits im Opener die Aufmerksamkeit: Rulaman kombinieren scharfe Riffs und federleichte Melodien, sie musizieren verspielt mörtelnd, quasi kontemplativ-energetisch.

Was auch immer Rulaman so alles durchziehen mögen, das mit dem Doom und dem Stoner-Rock gehört nicht dazu. Jedenfalls nicht durchgehend. In „Simple Offerings“ etwa bauen sie einen kurzen Disco-Moment ein, der die Ahnung von Kiss aufkommen lässt, und lassen den Song als zerbrechlichen Indierock nach Art von Yo La Tengo auslaufen. „Valley Part II“, die Fortsetzung einer 2021 veröffentlichten Digital-Single, beginnt mit einem Orgel-Intro wie ein Stück aus dem Classic Rock und bekommt auch noch ein warmes Saxophon spendiert. Für „We Can’t Be“ brechen Rulaman mit noch mehr Regeln: Ein mehrstimmiger Harmoniegesang begleitet die Ballade zusätzlich zur Orgel, und was kommt da rein, ist das ein Mellotron? Der Song hat zudem in weiten Strecken einen Northern-Soul-Rhythmus.

In welcher Form auch immer man „Death Whistle“ goutiert, es läuft ohne die anfängliche Stoner-Doom-Ausrichtung aus. Das ausnehmend attraktiv marmorierte Vinyl endet nämlich bereits mit „Run Your River Dry“, im Stream folgt noch „Below The Light“, und beide Stücke behalten das Balladeske, Ruhige des fünften Songs bei. Bedauerlich, dass es die Physik nicht zulässt, auf Schallplatte den Bonus-Track zu berücksichtigen, denn der schließt mit einem kontemplativ verfuzzten Bass.

Wieder so eine Band, die damit beeindruckt, aus lediglich drei Leuten zu bestehen: Felix Berns mit Stimme und Gitarre, Joel Büttner mit Bass und Keyboards sowie Nils Kunze am Schlagzeug. Zusätzlichen Gesang gibt’s von Mareike Riegert und das Saxophon spielt Annika Wolf. Bei diesem Rulaman handelt es sich überdies um die Hauptfigur des gleichnamigen Jugendromans von David Friedrich Weinland aus dem Jahr 1878, in dem der Autor den Alltag von Neandertalern nachzeichnet. Die Handlung spielt in der Nähe von Urach, heute Vöhrenbach, und die Legende besagt, dass die Band dereinst dort wandernd unterwegs war und sich davon inspiriert fühlte. Also nicht nur musikalisch vielseitig, die drei.

Drei überdies erst seit 2020, davor musizierten sie fünf Jahre lang zu viert und als The Hace. Die 2019 erschienene „Peacemaker“-EP ist kurioserweise bereits unter dem Namen Rulaman zu haben. Mit dem Debüt-Album „To Serve The Dune“ legte das Trio 2023 den Grundstein für den neuen Weg, den „Death Whistle“ nun fortsetzt.