Was meine Freundin gerne liest – die Literaturkolumne: Tom Coraghessan Boyle – Siebzig ist das neue Fünfzig!

Von Onkel Rosebud

Der Mann ist ganz einfach ein sehr unterhaltsamer Erzähler und ein Phänomen. T.C. Boyle haut über Dekaden hinweg regelmäßig alle zwei Jahre einen Roman raus. Diese werden alle trotz ihrer kurzen Entstehungszeit niemals trivial. Und zwischendurch veröffentlicht er auch noch Bände mit Kurzgeschichten, in sich geschlossenen Erzählungen, die alle nur ein paar Seiten lang sind und vermutlich eine Art von Abfallprodukten aus literarischen Ansätzen für nicht romantaugliche Texte darstellen. Und dennoch sind sie immer erfolgreich. Das könnte an seinen Dauerthemen, über die er seit Jahrzehnten schreibt, liegen. Es sind historische Biografien, Klimawandel und Sex.

Meine Freundin mag die bizarren Metaphern und Wendungen, die ein Markenzeichen seiner Prosa sind. Und so wie seinem Mentor John Irving, bei dem Boyle in Iowa das Schreiben lernte, gelingt es ihm, aus Katastrophen seine rabenschwarzen Geschichten zu machen, die die Leser auf einem schmalen Grat zwischen Posse und Drama balancieren lassen.

Ihre Lieblingsgeschichte ist aus dem satirischen Absurditätenkabinett „Tod durch Ertrinken“ (1979, Hanser) und heißt „Der Blutregen“, von dem eine Hippiekommune auf dem Lande überrascht wird.

Andere Sternstunden aus dem T.C.-Boyle-Country sind „Wenn der Fluß voll Whisky wär“ (1991) und „Ein Freund der Erde“ (2001, alle Hanser).

„Walk Between The Raindrops“ (Hanser) heißt sein neuster Kurzgeschichtenband. Er ist geprägt vom nüchternen Blick auf Menschen und Naturzerstörung. Trocken-pointiert treiben giftiges Getreide, Klapperschlangenbisse, selbstfahrende Autos und die Corona-Pandemie ihr Unwesen. In einer Geschichte wird Arizona wegen eines Erdrutschs evakuiert. Dabei lässt er immer wieder alltägliche, harmlose Situationen herrlich eskalieren, und das ganz ohne Polemik, Satire oder zu moralisieren.

Ich habe in meinem Leben drei große Fehler gemacht. Erstens dachte ich, dass Literatur wichtig ist. Zweitens dachte ich, dass ich wichtig bin. Und drittens dachte ich, dass irgendetwas auf der Welt auch nur das Geringste bedeutet. Aber abgesehen davon ist alles gut.“ (Christoph Amend: T. C. Boyle, Zeitverlag, 2022)

T.C.O. Rosebud