Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Lang lebe Wes Anderson!

Von Onkel Rosebud

Meine Freundin und ich sind uns nicht immer einig, aber wenn es um den leicht verschrobener Exzentriker Wes Anderson geht, dann schon: Wir finden seine Filme allesamt toll. Mister Anderson ist einer von den Menschen, die in anderen ein Licht anmachen können.

Seine Karriere startete mit der Krimikomödie basierend auf dem zwei Jahre zuvor erschienen, gleichnamigen Kurzfilm „Bottle Rocket“ (1996). „Rushmore“ (1998) präsentierte ein irrwitziges Coming-of-Age-Porträt mit einem Faible für deutsche Namen und britische Pointen. Mit den ausgeklügelten, sonderbaren Charakteren in „The Royal Tenenbaums“ (2001) ist dann Wes Anderson schon ziemlich nah an der Perfektion. Die lakonische Absurdität, der Sarkasmus, die liebevolle Präzision und Ernsthaftigkeit macht „The Life Aquatic With Steve Zissou” (2004) zu unserem Lieblingsfilm, obwohl er an der Kinokasse floppte. „The Darjeeling Limited“ (2007) zeichnete sich dadurch aus, dass man vor lauter Komik gar nicht richtig lachen kann. Roald Dahls Kinderbuch-Verfilmung „Fantastic Mr. Fox“ (2009) ist mit seiner zutiefst anarchistischen Grundhaltung einer der genialsten Animationsfilme aller Zeiten. In „Moonrise Kingdom“ (2012) überrascht Wes Anderson mit einer emotionalen Liebesgeschichte und man kriegt Bill Murray mit freiem Oberkörper, einer Axt und einer Flasche Wein in der Hand zu sehen. Die schwarzhumorige Komödien-Groteske „The Grand Budapest Hotel” (2014) ist ein Kunstwerk voller Schönheit und unfassbarem Einfallsreichtum und an Stefan Zweig angelehnt. In „Isle Of Dogs” (2018) proben zerzauste Hunde den Aufstand gegen den Faschismus. Trotz ihrer großen seelenvollen Augen mögen meine Freundin und ich Katzen lieber. Und mit „The French Dispatch“ (2021) schafft Wes Anderson das Eingangsportal zu seinem eigenen Museum.

Sein letzter Film „Asteroid City“ (2023) waren zusammenkondensierte Wes-Anderson-Motive im 50er-Jahre-Cinemascope-Look. For fans only. Einige Kritiker verwendeten das Prädikat „leblos“. Meine Freundin und ich bevorzugen „Essenz“. Symmetrie, verfremdete Farben, das Bühnenbild hoch artifiziell.

Egal wie man zu seinem skurrilen Humor steht, Wes Anderson (*1969) aus Texas ist sein eigenes Genre. Man erwartet bestimmte Dinge von einem Wes-Anderson-Film. Wenn man sie bekommt, sagt man, ach das ist so typisch Wes Anderson. Wenn man sie nicht bekommt, sagt man, irgendwie ist er schlechter geworden. Wenn man also auf so eine Art etabliert ist, kann man nicht gewinnen.

In den Filmen geht es um nix oder um alles. Je nachdem, von welcher Seite man aus das betrachtet. Aber, was macht einen Wes-Anderson-Film aus? Er ist ein poliertes Schmuckkästchen mit vielen kleinen Unterschachteln drin. In diesen Schachteln sind polierte Preziösen. Es machen super viele Stars offensichtlich gern mit, weil sie Teil eines Kunstwerks sein wollen, obwohl sie Klischee-Figuren darstellen.

Meine Hypothese, warum meine Freundin und ich Wes Anderson so mögen, geht so: Weil er mit all seinen Charakteren dem deutschen Bildungsbürgertum am nächsten kommt.

Deshalb: Lang lebe Wes Anderson!

Onkel Rosebud