Was meine Freundin gerne sieht – die Serienkolumne: Ein Hoch auf die Empathie!

Von Onkel Rosebud

Ob aus dem Berufsleben oder aus dem privaten Umfeld, wie so ziemlich jede und jeder kennt meine Freundin mindestens einen Narzissten. Mal beantwortet er ihre Nachrichten nicht, gibt Anweisungen wider besseres Wissens oder verbreitet Gerüchte. Was aber macht das mit einem? Naheliegend sind schlechte Kommunikation, Missverständnisse oder Mobbing. Was aber als eigentliche Emotion dahintersteckt, ist das Gekränktsein mit Gefühlen von Wut, Verbitterung, Hass und Hilflosigkeit. Wer nun in diesem kränkungsbedingten Gefühls- und Emotionsdschungel ein wenig Ordnung bringen möchte, dem sei das Buch „Die Macht der Kränkung“ von Dr. Reinhard Haller ans Herz gelegt. Oder schaut die gleichnamige Anthologie-Serie. Die besteht aus Staffel 1, „Am Anschlag“, und erzählt die Vorgeschichte eines Amoklaufes in einem Einkaufszentrum und Staffel 2, „Am Ende“, in der ein junger Mann zu früh verstirbt und seine Freunde und Familie müssen sich mit ihren Taten auseinandersetzen, die indirekt zu seinem Tod führten.

Eine Kränkung ist eine Verletzung eines Menschen in seiner Ehre, Würde, seinen Gefühlen und seiner Selbstachtung. Sie erschüttert die eigenen Werte sowie den Selbstwert und den Gerechtigkeitssinn. Kränkungen sitzen tief. Sie sind Ohrfeigen für die Seele.

In jeder Folge des 6-Teilers steht einer der Hauptprotagonisten im Mittelpunkt. Es werden 5 ineinander verwobene Handlungsstränge erzählt, die unweigerlich miteinander verbunden sind und unterschiedlicher nicht sein könnten. Durch die non-lineare Erzählweise und Rückblicke in die Vergangenheit der Figuren entwickelt das Drama eine außergewöhnliche Dynamik: Schuld, Verzweiflung, Enttäuschung, verlorene Liebe, Tod, Gier, Betrug, Lügen und Gewalt. Offengelegt werden dabei die tiefsten der menschlichen Abgründe. Die Tochter schimpft ihre Mutter „geborenes Opfer“. Die Liebe des Lebens sagt, „Du bist mir egal“. Die Mutter pointiert zur Freundin des Sohnes: „Du bist eine ganz interessante Person, aber in dieser Familie sehe ich Dich nicht.“ Die Geschichten schaukeln sich gegenseitig hoch – bis zum Tage X – und dann Bang! Das Publikum darf miträtseln, wer am Ende zum Mörder oder zur Mörderin wird.

Im täglichen Leben haben Kränkungen leider einen festen Platz. Allerdings spricht man nicht gerne über sie. Gekränkt zu sein, wird fälschlicherweise oft als Schwäche ausgelegt. Diese Unart der zwischenmenschlichen Interaktion zeigt, welche Auswirkungen Kränkung und Schmerz auf die Entwicklung eines Menschen haben – um unter Umständen existenzielle Entscheidungen und Lebenswege ungünstig zu beeinflussen.

Die Gegengifte zur Kränkung sind Humor, Empathie und Versöhnung.