Von Matthias Bosenick (01.11.2023)
Für solche Musik etablierte sich damals wohl der Begriff Schmockrock: Vorsichtig angerauhter Rockpop, im mitklatschtauglichen Midtempo gehalten, eingängige Melodien, vertraute Rhythmen, eingebaute Keyboards. Und das von einer Band, die seit den frühen Siebzigern in Deutschland den Krautrock mitdefinierte: Jane aus Hannover, hier wiederveröffentlicht das letzte Studioalbum ohne Präfix, „Beautiful Lady“ aus dem Jahr 1986, ein Quasi-Comeback und der Schwanengesang in einem, denn in den Jahren danach zerstritten sich die ohnehin ständig ausgetauschten Musiker nochmal extra. Handwerklich ausnehmend passabel gemacht, lässt sich an dem Album dennoch gut ablesen, warum die Bezeichnung „Hardrock“ in der Zeit einen herabwürdigen Beigeschmack erhielt. Das Album ist somit eher ein nostalgisches Zeitdokument als musikalisch relevant. Das Label Sireena bringt es mit einer Liveversion des Titeltracks auf CD neu heraus, also nicht mit dessen Maxi-Version wie das ursprüngliche Label Sky selbst vor 30 Jahren.
Hört man sich „Beautiful Lady“ heute an, kann man sich gar nicht vorstellen, dass das Album von derselben Band aufgenommen wurde, die in den Siebzigern noch wegweisenden, von Pink Floyd beeinflussten Krautrock machte, mit den Zenit-Werken „Between Heaven And Hell“ und „Age Of Madness“ gegen Ende des Jahrzehnts. Das eigentlich finale Album mit dem unsäglichen Titel „Germania“ im Jahre 1982, das letzte auf Brain, gab dann die 1986 zur Reanimation der Band auf Sky Records gültige Richtung schon grob vor, obwohl es als Trio entstand, mit Klaus Hess, Charly Maucher und Peter Panka, von denen vier Jahre später nur noch Panka ein Teil des nunmehr zum Quartett angewachsenen Ensembles aus Kai Reuter, Klaus Henatsch und dem verlorenen Sohn Werner Nadolny war; Bassist Bernd Kolbe war vor den Aufnahmen wieder ausgestiegen und hinterließ lediglich Credits im Song „Never Let You Go“. Zur Erinnerung: Zur Jane-Gründung im Jahre 1970 hatten sich noch Nadolny, Hess, Panka und Maucher zusammengerüttelt. So konfus sollte es bleiben, denn nach „Beautiful Lady“ veröffentlichten Jane bis Anfang der Neunziger nur noch Livemusik – und zerfielen dann in alle vier Himmelsrichtungen: Peter Panka’s Jane, Lady Jane (erste Atemzüge erfolgten bereits 1976), Klaus Hess‘ Mother Jane und Werner Nadolny’s Jane.
Man musste es Hardrock nennen damals, was Jane 1986 produzierten, allerdings handelte es sich um einen Achtziger-Hardrock, der im Radio gespielt werden wollte, also keiner, der aneckte oder verschreckte, bis auf vielleicht alte Jane-Fans. Etwas Starship der Marke „We Built This City“ vielleicht, etwas Opus, Mr. Mister, Journey, Foreigner, so etwas, da passte „Beautiful Lady“ gut hinein und fiel auch nicht aus dem Rahmen. Also alles gut so weit, Mission erfüllt, Anerkennung bekommen, jedoch aus der Sicht von Leuten mit etwas mehr Anspruch an Rockmusik behaftet mit einigem Fremdscham. Es ist qualitativ sicherlich nichts an der Musik auszusetzen, Jane arbeiteten auf der Höhe der Zeit, sie bekamen den Softrock gut hin, sie kreierten Melodien für hartnäckige Ohrwürmer. Das Titellied mit seinem verlangsamten Bluesrhythmus steht da exemplarisch für, das bekommt man nicht mehr aus dem Kopf, und es ist sicherlich nicht ganz ungeschickt, sich für den siebenminütigen Rauswerfer „Imagination“ bei einem ähnlich betitelten Stück von John Lennon zu bedienen, um den Eindruck von Ohrwurmigkeit nachhaltig aufrecht zu halten. Einen zusätzlichen Beitrag zum Wohlklang leisteten überdies Jane James und die beiden Rosy-Vista-Sängerinnen Anca Graterol und Andrea Schwarz bei einigen Stücken im Hintergrund.
Es bleibt der Eindruck von einem Zeitdokument zurück, das man eher aus historisch-nostalgischen Gründen hört als aus qualitativen. Hier zerfiel eine wegweisende Krautrockband, klammerte sich an möglichen Kommerz und erfüllte die Ansprüche des Zeitgeistes. Die Live-Version von „Beautiful Lady“, die Sireena dieser Neuauflage anhängt, verlängert den Ohrwurm zwar, doch wäre die fast sieben Minuten lange Maxi-Version sicherlich interessanter gewesen. Andererseits waren Jane ja nun mal eine Liveband. Und wiederum andererseits ist es dann letztlich auch gar nicht so wichtig.