Von Onkel Rosebud
Zu meinem 42. Geburtstag hat mir meine Freundin ein Handtuch mit eingestickter Jubiläumszahl geschenkt, dass ich seitdem immer dabeihabe. Wer mit diesem Satz inhaltlich etwas anfangen kann, unbedingt weiterlesen. Wer nicht, bitte bei Gelegenheit die BBC-Serie aus dem Jahr 1981 „Per Anhalter durch die Galaxis“ nach einer Idee von Douglas Adams gucken. Das ist Monty Python im Science-Fiction-Kontext. Und nun trotzdem im Text fortfahren:
Irgendwo in einem ländlichen – und natürlich verschneiten – Teil von Norwegen ereignet sich ein Mord. Eine junge Frau wird tot in ihrem Hotelzimmer aufgefunden. Das ist eine große Sache in dieser ruhigen Gegend, ein Fall für äußerst fähige Ermittler. Beauftragt wird aber Magnus Undredal von der örtlichen Polizei, der vordergründig eine ziemliche Torfnase und ein Außenseiter ist. Dabei ist Magnus auf seine Art durchaus klug und sieht aus wie Robbie Williams zu seinen besten Zeiten (Take That 1996). Er ist zumindest schlau genug, um zu erfinden: Roboter und Maschinen. Die allerdings recht selten zum Einsatz kommen. Und wenn sie zum Einsatz kommen, funktionieren sie nicht. Und wenn sie funktionieren, dann haben sie eine skurrile Funktion. Wie z.B. der Raumverzerrer. Der verzerrt einen Raum optisch, sodass darin befindliche Personen ihr räumliches Sehvermögen verlieren. Und für den Rest der Episode ständig gegen Wände laufen.
Ja, das klingt vor allem durcheinander und hört sich nach Douglas Adams an. Es passiert wirklich sehr viel in der Serie „Magnus Trolljäger“. Sie ist aber so gut geschrieben, dass sie in sich absolut schlüssig ist. Im Kern geht es ohnehin nicht um sagenhafte Trolle und geheime Machenschaften. Sondern um Freundschaft, Verlust, Isolation und wie man sie durchbricht.
Produzent Anders Tangen und Co-Autor Vidar Magnussen, der auch die Hauptrolle spielt, schöpfen erzählerisch so richtig aus dem Vollen. Sie bedienen sich aus fast jedem Genre: Comedy, Fantasy, Krimi, Drama, Love-Story – auch brutale Momente sind dabei. Die Macher wechseln experimentierfreudig zwischen den Erzählformen. In einer Folge ist Magnus der Erzähler. Was er sagt, sehen wir direkt in Handlung umgesetzt. Weil Magnus aber betrunken ist und ständig Gesagtes revidiert, wird er zum sinnbildlich – und sehr unterhaltsam – unzuverlässigen Erzähler. An anderer Stelle wird ein Ausflug in die norwegische Mythologie als kleiner Zeichentrickfilm gezeigt.
Weggefährten findet Magnus in Dan, einem Polizeikollegen, und Nikolaj. Auch diese beiden sind Außenseiter. Der Witwer Dan ist lebensmüde, Nikolaj ein sehr schmächtiger Nachbarsjunge, der immer die Pfandflaschen seiner alkoholsüchtigen Mutter wegbringen muss. Die Serie „Magnus Trolljäger“ verhandelt das in vielen skandinavisch-schwarzhumorigen Witzen. Weil Magnus Nähe schwerfällt, würde er Dan und Nikolaj niemals seine „Freunde“ nennen. Im Laufe ihrer ungewöhnlichen Ermittlungen werden die drei aber natürlich dennoch zu einer Gruppe. Und sind zusammen weniger allein.
„Magnus Trolljäger“, 6 Folgen, jeweils etwa 30 Minuten lang, ist kurios und smart. Und findet bei allen Ideen, Genres und Slapsticks übrigens auch noch eine Auflösung für den Mordfall. Ein echtes Serien-Juwel.
Onkel Rosebud (gnomo ficktus)