Von Matthias Bosenick (26.03.2013)
Die Cover-Könige des Thrash Metal veröffentlichen nun also als zweites neues Werk mit dem früheren Sänger Joey Belladonna eine EP mit, nun, Coverversionen. Die Auswahl ist recht traditionell, das Ergebnis ebenso. Man möchte fast sagen: Eigentlich hätte es diese EP gar nicht gebraucht. Was die Altgewordenen ansonsten noch hinbekommen in Sachen Groove und Dynamik, zeigt der hinzugefügte Track „Crawl“ vom Vorgängeralbum „Worship Music“. Dabei ist der Erwerb ebenjenen Albums eigentlich moralisch schon nicht vertretbar.
Denn wie Anthrax in Zeiten unsicherer finanzieller Lagen mit ihren Sängern umgegangen sind, das geht auf keine grüne Kuhhaut. Belladonna war seit Anfang der 90er nicht mehr dabei, dafür sang Armored-Saint-Mann John Bush. Als dann wohl die Popularität nachließ, buhlten Anthrax wieder um Belladonna, der parallel zu Bush singen sollte. Dann hatten sie auf Belladonna doch keinen Bock mehr, Bush aber wiederum keinen Bock mehr auf Anthrax. Interimsweise war ein gewisser Dan Nelson Sänger, bis sich wiederum Belladonna erbarmte und Nelsons Stimme auf dem bereits fertigen „Worship Music“ ersetzte. Wer also soll so ein Album bedenkenlos kaufen? Blöd nur: Es ist gut. Es ist alles drin, was man braucht, die typischen progressiven Thrash-Passagen, ein saumäßig mitreißender Groove, ordentliche Abwechslung und ein Belladonna, der vernünftig singt. Die Jungs hatten hörbar Spaß an der Sache, und so kam auch so viel Pop in die Platte, dass es an mancher Stelle fast grenzwertig ist. „Crawl“ etwa ist so ein jugendlich-frischer Popsmasher.
Und nun blicken die Jungs zurück auf ihre eigene musikalische Sozialisation und covern ihre Helden aus den 70ern. Die Auswahl pendelt zwischen ausgelutscht und geht gar nicht. „Anthem“ von Rush ist die Überraschung, da passt auch die Stimme so gut, dass man allein an der fetteren Instrumentierung erkennt, dass es von einer anderen Band als im Original eingespielt ist. Banal sind „TNT“ von AC/DC und „Jailbreak“ von Thin Lizzy, egal sind Songs von Schmockrockern wie Boston, Journey und Cheap Trick. Die Ergebnisse sind zumeist keine richtigen Coverversionen, sondern schlichtweg nachgespielte Songs. Da hört man den Spaß dann nicht unbedingt heraus, den Stil von Anthrax auch nur bedingt.
Da hat man an Coverversionen schon ganz anderes von Anthrax erlebt. „Got The Time“ etwa knallt wie Sau, im Original von Joe Jackson. „Antisocial“, im Original von Trust, nicht minder. Später, mit John Bush, coverten sie unter anderem „Cowboy Song“ von Thin Lizzy, „Celebrated Summer“ von Hüsker Dü, „Remember Tormorrow“ von Iron Maiden, „No Time This Time“ und „Next To You“ von The Police, „Exit“ von U2, „We’re A Happy Family“ von den Ramones und sogar „The Bends“ von Radiohead, alles mit deutlich mehr Drive und Anthrax-Eigensinn als auf der vorliegenden EP. Übrigens ziehen sich Coversongs so sehr durch die Albumhistorie der Band, dass sich selbst auf dem Debüt „Fistful Of Metal“ mit Sänger Neil Turbin bereits einer fand: „I’m Eighteen“ von Alice Cooper.
Wer die EP haben will, hat mehrere Qualen der Wahlen. Die CD hat acht Tracks, die 10“ in diversen Farben nur sechs, und wer will, kann sich „Worship Music“ als Special Edition mit der EP-CD als Bonus ein zweites Mal kaufen.