Von Matthias Bosenick (19.07.2021)
„It’s So Fun (To Be Gay)“ singen Roddy Bottum und Joey Holman, die hier eine Band und ein Paar sind, letzteres wohl länger als ersteres. Wer von Bottum Musik nach Art seiner Hauptband Faith No More erwartet, kennt seine Zweitband Imperial Teen nicht, denn mit Holman macht er einen herzenswarmen, leicht räudigen verschleppten Pop, der weitaus dichter am Sound des Queer-Quartetts angelehnt ist als an den der Crossover-Pioniere. Freundlicherweise gibt es die LP auf pinkem Vinyl. Hier passt alles.
Wenn hier von einem warmen Sound die Rede ist, soll das kein Wortspiel sein, sondern entspricht den Tatsachen: Mit schönen, manchmal dronigen Gitarrenakkorden, weichen Synthiesounds und zurückhaltendem elektronischem Schlagzeug generieren Holman und Bottum wundervolle Popsongs im unteren Tempobereich und mit berauschenden Melodien und Harmonien versetzt. Genau so hätte dieses Album streckenweise auch in den Achtzigern klingen können. Nicht zufällig lautet der Titel eines der etwas flotteren Songs auch „1983“, und ebenjener trägt noch am deutlichsten die DNA von Imperial Teen in sich, nur ohne die weiblichen Stimmen. Ein Hit, mit dem eingängigen Basslauf und der einsetzenden leicht verbratzten Gitarre zum Duettgesang. Und zum pluckernden Drumcomputer. Unglaublich schön.
Gerade dieser Mix aus schönen Synthiesounds und weichen Gitarrenwänden verzaubert ungemein. Cheesy ist diese Musik zu keinem Zeitpunkt, das Duo übertreibt nichts, es musiziert frei von Strömungen und Erwartungen, neigt eher noch zum Experimentieren und bleibt ganz bei sich – und beim Thema, dem Hohelied der gleichgeschlechtlichen Liebe, leider auch 2021 immer noch inklusive der notwendigen Verteidigung derselben. Dabei hätte man bei der Konstellation im Habitus und Sound etwas Schrilles, Schillerndes, Exaltiertes erwartet, analog vielleicht zu Elton John, Communards oder Erasure, aber nichts davon, hier herrscht der heilige Ernst, the fun of being gay is a serious thing.
Damit fällt das Album aus allen Erwartungen (und Befürchtungen), und auch aus der Zeit. So wie das klingt derzeit einfach mal sonst nix. Nicht mal die Synthieflächen, die Bottum bei Faith No More so opulent einflocht, lebt er hier aus, dafür sind die Songs zu verschieden davon strukturiert. Und inwieweit sich Holmans Einfluss bemerkbar macht, müsste man bei seinem Solo-Album und bei den Stücken nachhören, die er mit Cool Hand Luke aufnahm. Und anschließend vielleicht Bottums weitere Projekte Crickets und Nastie Band austesten, der Mann ist umtriebig dieser Tage.