Von Matthias
Bosenick (21.02.2020)
Es ist nicht immer ratsam, sich
sämtliche Projekte zuzulegen, an denen Musiker seiner früheren
Helden beteiligt sind. Grundsätzlich birgt diese Art des Sammelns
zwar eine potentielle Horizonterweiterung, aber es gibt eben auch
Ausnahmen, und zu denen gehört das Projekt October Burns Black. Von
früheren Helden beteiligt ist hier Simon Rippin, Schlagzeuger unter
anderem der Fields Of The Nephilim. Diese international
zusammengesuchte Supergroup nun spielt auf ihrer zweiten EP
„Reflections“ bestens produzierten und komponierten Gothic Rock –
jedoch nahezu ohne eigene Note. Tut nicht weh, tut aber leider auch
sonst nicht viel.
Die fünf Musiker
verharren komplett im Genre, da gibt es keinerlei Abweichung.
Sämtliche Traditionen finden sich wieder, „Reflections“
reflektiert den Gothic Rock, wie er seit über 35 Jahren besteht,
vermeidet aber den Blick sowohl auf die Zeit davor (Pink Floyd, Led
Zeppelin, Roxy Music, David Bowie) als auch in andere Richtungen.
Damit bedienen sie ja nicht einmal junge, nachwachsende Fans, weil
die ihre eigenen Epigonen feiern, sondern höchstens einige
Altgewordene, die dem klassischen Sound nachtrauern und dabei
vielleicht übersehen, dass es zahllose Bands gibt, die diesen Sound
bedienen, oder vielleicht schlichtweg keinen anderen Sound in ihrer
Sammlung zulassen, aber doch neue Platten kaufen wollen.
Das
ist ja auch alles nicht schlecht, was October Burns Black hier
machen. Trotz Simon Rippin sind es weniger die grantelig-dunklen
Fields, die hier durchschwingen, sondern eher die etwas seichteren
Vertreter, also die an U2 geschulten The Mission. Also schöne
Melodien, klarer Gesang, erhebende Gitarren, wenig Ecken und Kanten.
Die Texte bedienen ebenfalls die musikalische Grundstimmung, Titel
wie „Dark Times Ahead“ weisen in die entsprechende Richtung.
Alles ist gefällig, stört den Grufti nicht beim Bügeln und malt
die Welt schön in kuscheligem dunkelschwarz. Klingt also alles nach
der Gruftvariante einer Altstadtfest-Coverband: Den Hörer nicht mit
Fremdem verwirren.
Rippin nun ist offenbar kein festes
Bandmitglied, sondern der ausgeborgte Studio- und Livedrummer, an dem
man sein Aushängeschild festnageln kann. Bandgründer ist Bassist
James Tamel, der 1987 der US-Gothrockband The Wake beitrat. Den
Gesang übernimmt der Nordire Rod Hanna, in den Neunzigern bei der
Band Return To Khaf’ji (kein Tippfehler). Er ist der Neue in der
Band, er ersetzte seinen Vorgänger Ger Egan von den irischen
Gothicrockern This Burning Effigy erst vor wenigen Monaten. Zwei
Gitarristen leisten sich October Burns Black. Der erste ist Lars
Kappeler aus Bochum, umtriebig in diversen Bands von Wave bis Death
Metal, davon aktuell noch bei Sweet Ermengarde und Atomic Neon, die
selbstredend – Überraschung! – Gothic Rock spielen; er war
vorübergehend Gitarrist bei The House Of Usher. Zweiter Gitarrist
ist Tommy Olsson aus Norwegen, der gegenwärtig noch bei Long Night
spielt und ansonsten namhafte Szene-Bands wie Theatre Of Tragedy oder
Elusive in seiner Vita hat.
Viel Erfahrung, wenig Mut: Da
hätte mehr drin sein können. „Reflections“ ist erst die zweite
EP, nach „Fault Lines“ aus dem Jahr 2018. Wer die CD direkt bei
der Band bestellt, bekommt Buttons und Sticker dazu, das ist
fanfreundlich und sympathisch.