Von Matthias
Bosenick (24.06.2019)
Gar nicht so freakig wie erwartet,
oder hat man sich lediglich daran gewöhnt? Wayne Coyne, Chef der
Flaming Lips, hatte jüngst eine Kunstausstellung namens „King’s
Mouth“, und unter Mitwirkung von The Clashs Mick Jones legt er nun
im Gewand seiner Band den Soundtrack dazu vor. Natürlich geistert
Coynes Kunstpop über den Wassern, aber das Album hat zusätzlich
diverse wunderschöne Ohrwürmer in petto. Gab’s beim Record Store
Day auf goldenem Vinyl und soll demnächst dem Rest der Welt auf CD
zugänglich gemacht werden.
Das Freakige liegt ja dem Grundkonzept der Flaming Lips inne. In den
Neunzigern ging es los, dass ein Konzert der Truppe zu einem
gigantischen Kindergeburtstag mit Zirkusanbindung ausartete. Auf vier
CD- oder Schallplattenspielern gleichzeitig abzuspielende Alben waren
da nur die physische Entsprechung dessen. Später waren es die
Projekte und Kollaborateuere, mit denen sich die Lips zwischen
sämtliche Nesseln setzten, etwa eine Neueinspielung von „The Dark
Side Of The Moon“ mit Henry Rollins, Peaches und Stardeath And
White Dwarfs, einem Alter Ego der Band, oder Kooperationen mit dem
exotischen Ex-Disneystar Miley Cyrus. Und das war nur das
Aufsehenerregendste.
Mick Jones von The Clash als Erzähler
einer fantasyrollenspieltauglichen royalen Geschichte zu finden,
setzt zumindest die Tradition der bemerkenswerten Gastbeiträge fort.
Ansonsten gibt sich die Band zwar fantasievoll und spacig, doch in
seiner Experimentierwut eher milde, mit herzzerreißendem Pop und
opulentem Bombast. So melodiefiedelt er sich ätherisch durch die
Exponate und die Story, und wenn es gerade passt, setzt die Band
sogar erstklassige Songs dazwischen, dichter am Pop als am Indierock.
So catchy hat man die Lips gar nicht mehr auf dem Schirm, aber wer
weiß, man hat ja nicht alle Alben zusammengeklaubt, die in den
vergangenen paar Wochen erschienen sind, und womöglich verhält es
sich mit denen vergleichbar, dass überall solch feine Preziosen
untergemengt sind. Die Lips von heute sind dies überdies auch erst
seit wenigen Jahren, und das sind ebenjene produktiven, die nach den
breitenwirksamen freakigen einsetzten.
Goldenes Vinyl, das
sieht natürlich fein aus, das wissen auch Käufer des jüngsten
Laibach-Albums. Weil es von der Version aber nur 3600 Exemplare gibt,
darf sich jeder Besitzer darüber freuen und sich der Rest wenigstens
darauf vorbereiten, die Musik künftig von anderen Tonträgern
genießen zu dürfen. Und weil es so schön passt, stammt das Cover
natürlich von genau jener Kunstausstellung, die das Album als
Soundtrack begleitet. Eine, nun, runde Sache.