Von Matthias
Bosenick (07.06.2019)
Seit elf Jahren kein neues Album,
aber die dritte 12” in drei Jahren: Zwei neue Songs plus jeweils
einen Remix dazu veröffentlichen der französische Techno-DJ Terence
Fixmer und der englische EBM-Mitgestalter Douglas McCarthy als „Let
It Begin“-EP. Kurioserweise haben die Remixe mehr Feuer als die
Originale, und es bestätigt sich, dass das Duo auf Albumlänge mehr
zu sagen hat als in einzelnen Tracks. Wenn der Kontext fehlt, wirken
die Stücke etwas unausgefeilt. Aber die beiden Jungs haben doch Spaß
an der Sache und hören trotz Zeitnot nicht damit auf, miteinander
Musik zu veröffentlichen. Und das ist gut so.
Typisch für Fixmers Techno sind die Reduziertheit und die kalte
elektronische Schärfe. Messergleich gehen die synthetischen Sounds
ins Ohr und von dort in die Beine. Organisch ist in diesem Kontext
selbstredend McCarthys impulsiver Gesangsstil, den er bei Nitzer Ebb
schon perfektionierte. Vom klassischen EBM britischer Prägung ließ
sich wiederum Fixmer hörbar inspirieren, nicht nur für diese
Duokonstellation. Und also fügt sich hier zusammen, was einander
respektiert.
Auf den beiden Alben erschufen Fixmer und
McCarthy nun nachvollziehbare Spannungsbögen, jeder Track bediente
andere Stimmungen, es gab vom Industrial beeinflusste
Tanzflurstampfer, ordentliche Brüllattacken, melodische Songs und
sogar schöne Balladen, aber eben in Fixmers genannten Soundkleid.
Auf 12“-Kürze beschränken sich die beiden nun auf die
Viervierteltauglichkeit. Aus welchen Gründen auch immer:
Zeitknappheit, Kreativlosigkeit oder eine künstlerische Ausrichtung,
der man schlichtweg nicht so gut folgen kann.
„Let It
Begin“ nun nimmt das Tempo etwas zurück und bedient die tanzbare
Elektrokälte. Mehr Wärme bringt Remixer Hayden Payne unter dem
Alias Phase Fatale in den Song: Er hebt das Tempo an und gestaltet
Sounds, die an den dunklen EBM aus den Neunzigern erinnern, vor der
Digitalisierung des Genres und nach den klassischen ersten Geh- und
Tanzversuchen. Diese Version hat deutlich mehr Zunder als das
Original. Ähnlich verhält es sich mit der B-Seite „The Crush“,
die als Remix attraktiver, weil variantenreicher ist – nur dass
dieser Remix von Fixmer selbst stammt. So richtig catchy sind beide
Originale nicht, wenn auch wiedererkennbar.
Aber irgendwie
ist es auch egal. Schön, dass die beiden beständig etwas machen.
Erst „So Many Lies“ 2016, dann „Chemicals“ 2017, nun also
„Let It Begin“. Macht in Summe fünf neue Tracks plus vier
Remixe, ergibt also beinahe ein neues Album. Nur ohne die schönen
Stimmungsbögen. Aber egal: McCarthys Stimme und Fixmers intelligente
Tanzmusik gehen eine einmalige Liaison ein.