Von Matthias Bosenick (30.01.2019)
Das ist Redundanz auf hohem Niveau: Wer viel macht, wiederholt sich bisweilen, und die beiden (zur Hälfte früheren) Front-242-DBs Daniel Bressanutti und Dirk Bergen produzieren sowohl für sich (Daniel .B. Prothèse) als auch unter dem Alias Nothing But Noise (hier indes mal ohne Leerzeichen) so viel Musik, dass es sich für das Jahr 2018 auf mindestens circa vielleicht acht Veröffentlichungen summiert. Die allesamt jedoch eeeeetwas spannender sind als das vorliegende Doppel-Album, auf dem sich das Duo mit analogem Equipment in blubberndem Ambient nach alter Berlin-Schule mit Jean-Michel-Jarre-Einschlag ausschläft. Das machen sie schön und angenehm hörbar, aber so sehr nicht zum ersten Mal, dass man leider nicht das Gefühl hat, das Album dringend zu brauchen. Außer für die vollständige Sammlung und mal zum Einschlafen, wenn Justus, Bob und Peter gerade keine Zeit haben.
Um sich selbst und allen Hörern eine Erklärung für dieses Album zu bieten, erdenken sich Bressanutti und Bergen ein Konzept, das irgendetwas mit Physik zu tun hat: Magnetismus und Unsicherheiten. Sie fabulieren von Versuchsanordnungen und Improvisationen, auf denen die Musik basiert, von technischen Geräten (also analogen Synthesizern), an denen sie experimentieren. Das tun sie indes immer, will man meinen, und zuckt mit den Schultern, da sich das in der Musik nicht hörbar niederschlägt, trotz gelegentlicher Soundüberraschungen, die sie dezent einschieben.
Es blubbern die Synthies, oder, wie es das Duo selbst beschreibt: Die Musik pulsiert. Das stimmt auch. Damit bieten die DBs den Hörern eine eskapistische Reise ins All an, und man steigt gern in das Vehikel, das wohlig sanft die Stille auspolstert. Die beatlosen repetetiven Strukturen wecken Erinnerungen an Jean Michel Jarre oder die klassische Berlin-Schule um Leute wie Klaus Schulze und die Jungs von Tangerine Dream. Und damit natürlich auch an die zahllosen Epigonen – zu denen Nothing But Noise allerdings auch selbst gehören, schließlich loten sie diese Form von Ambient seit ihrem Debüt „Not Bleeding Red“ 2012 aus, zuletzt mit der „Existence Oscillation“-Trilogie und der „Music For Muted TV“-Quadrologie, beide 2018 abgeschlossen, und ebenfalls 2018 versuchte sich Bressanutti mit der Doppel-CD „HollEKtroKraut/HellEctroKraut“ an genau dieser analogen Form von Ambient, nur in organisch.
Nun steht natürlich Nothing But Noise für genau solche Musik, und wer im zeitgenössischen Front-242-Umfeld mehr Kontur sucht, greift eben zu Prothèse (oder den Projekten von Jean-Luc de Meyer). Andernfalls erfreut man sich eben an traumwandlerischem Ambient auf analogen Fundamenten und taucht mit „Formations Magnétiques et Phénomènes D’incertitude“ für mehr als anderthalb Stunden in den Kosmos ab. Geht, und geht gut.