Von Matthias Bosenick (20.08.2018)
Die Kombination liest sich zunächst ähnlich absurd wie Metallica & Lou Reed, nur mit dem Unterschied, dass Underworld nicht seit 30 Jahren Scheißmusik machen. Das Ergebnis dieser Kollaboration bleibt dennoch eher ein launiges Experiment als ein wegweisendes Stück Musikgeschichte, wenngleich die kompositorischen Qualitäten der elektronischen Tanzmusiker unverkennbar sind und der Erfinder des Punk und des Postpunk bekanntlich vor allen Tapeten glänzt. Die 12“ kommt in transparentem Vinyl.
Underworld machen nicht einfach nur Techno, auch wenn ihr „Born Slippy.NUXX“ aus dem Film „Trainspotting“ in keine andere Kerbe schlagen will. Ihr treibender elektronischer Sound ist vielschichtig, bisweilen trancig, baut sich beinahe narrativ auf, umfängt den Hörer mitreißend und wird begleitet von Carl Hydes teilweise sinnfreiem Rezitieren von Schlagworten. Den Job übernimmt hier nun Iggy Pop, aber anders, nicht so wohligweich; Hyde erklingt im Hintergrund gelegentlich wie ein gesangliches Korrektiv. Iggy bellt, greint, murmelt, fordert, ganz so, wie man ihn seit 50 Jahren kennt.
Deshalb zielen die vier Tracks dieser EP auch weniger auf den Club als auf das Zuhören zu Hause: Sicherlich sind drei der Stücke tanzbar, doch ertappt man sich immer wieder dabei, Iggys Kaskaden zu lauschen. Was war das, früher durfte im Flugzeug geraucht werden und das war auch gut so? Und welches T-Shirt zieht er morgens nun an, damit er es sich abends auf der Bühne vom Leib reißen kann? Komischer Typ! Von dem ist ja nicht mal was in der Jukebox.
Schiebt man die Stimme beiseite und konzentriert sich auf die Musik, bestätigt sich das kompositorische Geschick von Rick Smith. Die Beats existieren nicht um ihrer selbst Willen, und was er um sie herumdrapiert, erfüllt vielmehr den Tatbestand des Schönen als des Clubbigen. Das führt dann sogar dazu, dass es sich bei einem der vier Tracks um eine Art Ballade handelt, die weder ins Portfolio von Underworld noch von Iggy Pop passen mag, trotzdem aber ganz gut funktioniert.
Ausgangslage für diese Versuchsanordnung war tatsächlich „Trainspotting“, und zwar die Planung für den zweiten Teil vor einiger Zeit. Dafür erarbeiteten Underworld die Rohfassungen der vorliegenden Tracks und luden ihren Filmsoundtrack-Mitgenossen Iggy Pop in einem Hotel zum Tee, siehe Titel, mit dem Auftrag, zu den Sounds zu improvisieren. Man kann es Underworld nur zugute halten, dass sie sich dafür nicht musikalisch an den Punk Pop anpassten; vergleicht man diese EP mit einem anderen Electro-Gastbeitrag des Herren Osterberg, nämlich „Aisha“ von Death In Vegas, stellt man fest, wie rauh und brutal auch Synthesizer sein können, wenn man sich an The Stooges orientiert. Anders, als es bei Underworld der Fall gewesen wäre, war das bei Death In Vegas aber kein Ausscheren, denn deren Sound ist ohnehin breiter gefächert. Also: Alles richtig gemacht hier, die drei.
Die knapp 25 Musik gibt es als Download, als CD und auf Vinyl, jenes streng limitiert und transparent klar. Die japanische CD-Version hat zusätzlich die Hälfte der Tracks als Instrumentals, was sicherlich eine interessante Nachbetrachtung des kreativen Prozesses ermöglicht, aber den Sinn der Sache ad absurdum führt. Aber hey, es ist Underworld und es ist gut!