Von Matthias Bosenick (18.09.2017)
Industrial Free Jazz Indierock Disco Ambient? Das alles in einem dreiviertelstündigen Track, auf zwei LP-Seiten aufgeteilt, servieren F.S.K., die Avantgardeinstitution aus München seit 37 Jahren. Im gemächlichen Midtempo, das zum Kopfnicken eher verführt als zum Abhotten, ackert sich das Quintett entspannt durch einen Querschnitt seiner Möglichkeiten. Wie so oft bei der Avantgarde erstaunt auch hier, wie eingängig das Experiment sein kann.
Es dominiert der Beat, locker gepumpt und mit Bass und allerlei Percussion zwar dezidiert, aber deutlich groovend gepimpt. Dazu gesellen sich auch mal Melodien, dargeboten von Gitarre, Synthesizer oder gar Stimme, mit latent dadaistischem Text. Zwischendurch stoppen bis auf Atmosphären sämtliche Tonerzeuger, dann bratzen wieder die Gitarren los wie weiland bei Sonic Youth, hernach kakophoniert das Ensemble munter zwischen „Metal Machine Music“ und Sun Ra oszillierend, anschließend gibt‘s tanzbare Disco-Grooves mit Gitarrenschrägseite, später fühlt man sich an die stoisch-krautigen Rhythmusexperimente der Siebziger erinnert. Rock‘n‘Roll findet bei F.S.K. niemals statt. Herrlich, keine Sekunde langweilig oder anstrengend, wenn man nur offen genug ist.
„Ein Haufen Scheiss [sic!] und ein zertrümmertes Klavier“ ist der Livemitschnitt der gleichlautenden Veranstaltung, die F.S.K. am 3. Oktober 2015 im Berliner Haus der Kulturen der Welt aufführte. Laut Info ließ sich die Band von Luigi Russolo inspirieren, einem italienischen Futuristen, der vor rund 100 Jahren wirkte und der den Lärm in die Musik brachte (und der mit einem seiner Werke Namensgeber für The Art Of Noise war). So lärmend ist das vorliegende Album dabei gar nicht, trotz der gelegentlich atonalen Sequenzen, denn das Stück kehrt immer wieder zum vertrauten Krautrockbeat zurück. Den Hörgenuss erhält man nun auch ohne Wissen um den Hintergrund, schließlich bekommt man hochwertige F.S.K.-Musik kredenzt.
Das Album erscheint in einer handnummerierten Auflage von 500 Exemplaren, jeweils 100 in einer anderen Neonfarbe auf Weiß bedruckt: Das Cover gestaltete der Grafiker Scott King, der lediglich den Bandnamen und den Albumtitel untereinanderschrieb. Einen Downloadcode gibt es nicht, da es sich bei der LP um ein Sammlerobjekt für F.S.K.-Liebhaber handeln soll. Eine Nachpressung ist indes angedacht, dann aber in schwarzweißem Cover.
Spoiler: Das Klavier geht am Ende wirklich zu Bruch. Vom ersten Teil des Titels ist gottlob nichts wahrzunehmen.