Von Matthias Bosenick (31.08.2017)
Trip Goth! Allein dafür, dass es gelingt, auch im neuen Jahrtausend noch neue schlüssige Genrebezeichnungen zu finden und mit nachvollziehbar abtrennbarem Inhalt zu füllen, gebührt The Eden House aller Respekt. Und dann ist deren Trip Goth auch noch gut, auch auf dem dritten Album in fast zehn Jahren. Sowohl das Trippige als auch das Gothige kommt vom selben Instrument, nämlich vom Bass, und den Rest strickt die Band mit 50 Mitgliedern passend drumherum, nämlich wavige Melodien und Tempi, hymnisch-pathetische Harmonien und ausschließlich weibliche Stimmen. Als Referenz seien hier die Fields Of The Nephilim genannt, und das nicht ohne Grund, spielen die bei The Eden House doch wesentlich mit.
Weich ist die Musik, mit warmem Instrumentarium erzeugt, flächig, tragend, umfangend, wohlig, flauschig, vollkommen frei von Gewalt und Aggression. Zwar können The Eden House auch Uptempo, doch dient dies nicht der Clubtauglichkeit oder der Luftigtarrerei, sondern lediglich der Beschleunigung des Schönen. Dabei ist die Grundstimmung weder fröhlich noch depressiv; eine latente Melancholie geht zwar von den Liedern aus, doch wären sie in den Achtzigern im Radio nicht unangenehm aufgefallen (heute vermutlich schon, zu düster). Den reinen Schönklang indes zelebrieren The Eden House nicht zwingend, sie trauen sich, auch mal dissonante Passagen unterzubringen. Das macht die Songs, das ganze Album noch lebendiger.
Und trotzdem kann man nicht sagen, dass The Eden House die reine Gruftiszene bedienen. Der Horizont ist viel weiter, die Qualität der Musik ist zu hoch. Auch, wenn sich die Musiker aus den Vorbildern der Szene rekrutieren, die allerdings die gegenwärtigen Szeneangehörigen gar nicht mehr kennen: Initiator war 2008 Gitarrist Stephen Carey von This Burning Efigy und Adoration, der seinen Freund Tony Pettit dazuholte, Bassist von den Fields, Rubicon und NFD. Am Schlagzeug sitzt Simon Rippin unter anderem von The Nephilim und Sensorium, Studioviolinist Bob Loveday sowie die Gastgitarristen Simon Hinkler (The Mission), Valerio Lovecchio und Rob Leydon (ebenfalls Adoration) ergänzen den Männerreigen auf diesem Album. Der Gesang kommt wie auf jedem Tonträger dieser Band ausschließlich von Frauen: Monica Richards von Faith And The Muse, Meghan Noel Pettitt, Louise Crane, Lee Douglas von Anathema und Kelli Ali von den Sneaker Pimps. Schon hier deckt die Bandbreite nicht nur das Gruftitum ab.
Der erste Eindruck dieses Albums lässt noch denken, dass die Band nach zwei Alben und drei EPs dem überwältigenden Effekt des Debüts „Smoke And Mirrors“ nichts mehr nachzuschieben hat. Doch die Tiefe und Qualität der „Songs For The Broken Ones“ erschließt sich beim Wiederhören: Erst dann erlebt man die Nachhaltigkeit der Lieder, die Ohrwurmtauglichkeit gar. Man kann nur staunen und sich fallen lassen.
Das Album begleitet eine Vinyl-Single, die zwei Tracks in abweichenden Versionen enthält: das auf Spanisch gesungene „Verdades“ in der Chosen Version und „Ours Again“ in der Resisted Version. Braucht man alles. Weil es gut ist.