Von Matthias Bosenick (24.06.2017)
„Gravity“, das zweite Album von Perma F aus Malmö, schlägt eine Brücke zwischen den neuen, eher elektronischen Songs, die Leif Ekman unter diesem Projektnamen bislang produzierte, und seiner Vergangenheit mit der in Schweden einigermaßen populären Postpunk-Wave-Band Unter Den Linden: Zwar entstanden die Songs hörbar am PC und transportieren zeitgemäße Synthiepopstrukturen, doch bratzen die Gitarren und schleppen sich die Beats wie weiland bei den Gruftmuckeerfindern. Höhepunkt ist das an schwedische Traditionals gelehnte und von Birgitta Ekman gesungene „Ho Rollur“.
Musik wie diese fällt aus der Zeit und biedert sich keinerlei gängigen Trends an, und das ist positiv gemeint. Den Mix aus Synthiepop und Gitarre gab es in den Achtzigern und Neunzigern relativ häufig in der Gruftszene, selbst in den Charts; auch die Nine Inch Nails und Ministry fingen so an. Perma F erinnern auf „Gravity“ eher an Vertreter wie The Fair Sex, also weniger brutal. Gottlob vermeiden Perma F gängige Klischees, die die Gruftmucke seit viel zu langer Zeit dominieren.
Die Ekmans wissen dennoch, wie man eingängige Melodien kreiert und sie in anheimelnde Arrangements bettet. Nicht allein die Kompositionen verraten die Fähigkeit zur Komplexität (etwa das vom Popsong zum Gitarrenbrett und zurück mäandernde „Holly Wood“), auch füttert Leif Ekman die Songs so unaufdringlich wie raffiniert mit ergänzenden Details an. Das Grundfutter der Lieder ist eindeutig synthetisch, wie es Perma F von Grundauf ist: Beats und Effekte versuchen erst gar nicht, analog zu klingen, das bleibt Sounds wie Piano oder Oboe vorbehalten. Das Analoge dringt in vielen Songs mit der Gitarre dazu, die wahlweise den Rhythmus untermauert oder auch mal fett nach rauhem Waverock klingt. Clubtaugliches Uptempo vermeiden die beiden; dennoch kann man sich bei manchen Stücken nach Fünfmarkstücken suchende Goths auf dem Tanzflur imaginieren.
Da kommt Leif Ekman nämlich auch her. Anfang der Achtziger wechselte er im Zuge einer Split-LP von der Band Att Som zu Unter Den Linden, bei denen er von 1982 bis 1987 Gitarre spielte und sang. Mit Perma F veröffentlichte er nach einer langen Pause 2013 das Album „Cobra“ und danach diverse Singles, die so unterschiedlich sind, dass sie Zeugnis abgelegen vom weiten musikalischen Horizont des Komponisten. Dank moderner Kommunikationsmittel trat er vor einiger Zeit mit Olaf Krautwurst und damit Blinky Blinky Computerband in Verbindung, für die er die unerwartetsten Remixe und sogar den gemeinsamen Song „Love & Hate“ anfertigte.
Zum Schluss des Albums gehört die Bühne Birgitta Ekman. Mit „Grave“ frönt sie dem bombastischen Schwedenpop, abschließend gibt‘s den indiefolkrockigen „Aminata Mix“ von „Ho Rollur“. Mit dem Wissen um die zahlreichen unterschiedlichen Singles, die es von Perma F bereits gibt, kann man nur gespannt sein, welchen Weg die beiden als nächstes einschlagen. Wie schon OMD sagten: „Gravity Never Failed“.