Von Matthias Bosenick (24.11.2016)
Malbücher für Erwachsene sind seit einiger Zeit der heiße Scheiß, und da liegt es nahe, auf dem Kamm dieser Welle das Spektrum zu erweitern: um Motive aus Heavy Metal und Rock, genau genommen deren Plattencover. Was für den einen ein flächiger Spaß ist, entlockt den anderen eine handfeste Genrediskussion. Und eine um die Auswahl der Alben und damit der Bands – aber die ist bewusst subjektiv, darauf muss man sich einlassen. So dient das Heftchen den nostalgischen Metaleltern zum gemeinsamen kunterbunten Horizonterweitern mit den Kindern. Die revanchieren sich dann in ein paar Jahren mit dem Malbuch rund um Hip Hop und R’n’B. Oder was sonst dann gerade modern ist.
Der Untiefen dieses Malbuchs sind sich die Autoren nicht nur bewusst, sie steuern sie ebenso bewusst an: Renatus Töpke und sein Zeichner Martin Hoffmann orientieren sich bei der Auswahl an der eigenen musikalischen Sozialisation, nicht an Trends, Erfolgen, Meilensteinen. Wer seine Lieblinge hier sucht, kann unter Umständen enttäuscht werden, und bei manchen in die Auswahl genommenen Motiven verwundert, dass die Musik dahinter zwar gefällt, das Motiv aber wenig Herausforderung zum Ausmalen birgt.
Dafür gibt es dann die Metaebene: Man kann sich vortrefflich ausmalen, wie die väter- oder mütterlichen Betrachter beim Ausmalen in Vergangenheit und Gegenwart schwelgen, wie sie dem Nachwuchs oder dem Partner oder dem Internet ihre eigene Plattensammlung zum Vergleich herhalten und dann beim Durchblättern mal recherchieren, womit sie es denn bei all den ihnen unbekannten Motiven überhaupt zu tun haben. Und derer gibt es einige, man muss im weiten Feld des Rockenroll schon enorm sattelfest sein, um die abgebildeten Alben aus der Zeitspanne von 1983 bis 2015 alle zu kennen, gehört zu haben oder gar zu besitzen. So ermuntert einen dieses Büchlein dazu, sich wahlweise beim Plattenhändler oder beim Streamingdienst seines Vertrauens umzutun.
Beim schlichten Betrachten dieser zweckdienlich auf ihre Umrisse reduzierten Werke fällt zudem auf, dass sich in Sachen Covergestaltung im Hardrock und Metal in den vergangenen 33 Jahren nichts verbessert hat: heroische Gesten, bullenstarke Tiere, some kind of Monster, Fantasy, wilde Typographie. Es erstaunt indes, dass gewisse metaltypische okkulte Symbole hier gar nicht auftauchen; die schwarzen Stifte bleiben also eher ungenutzt. Bei manchen Alben wundert man sich, dass sie erst zwei Jahre alt sind, besonders, wenn wie in einem Falle eine uralte Band wie „Accept“ als Urheber draufsteht. Unter die ganzen fantasyvollen kleinteiligen Frickelbilder mengte das Autorenduo außerdem zur Auflockerung einige rein flächige Motive, die man mit ausholenden Gesten flächendeckend ausfüllen kann, aus einer rasenden Antizenmotivation heraus; das zumindest muss der Grund dafür sein, dass sie hier enthalten sind, denn die Ästhetik ist es eher nicht. Für die ist eben der Rest gut.
Zeitreise, Bildungsauftrag, Freizeitbeschäftigung: Was auf den ersten Blick wie ein müder Witz erscheinen mag, hat erstaunlich viel Tiefe und Wirkung. Der Rezensent gibt freimütig zu, aus den versammelten Alben lediglich zwei selbst zu besitzen, und nur eines davon auf Vinyl. Der Auftrag ist also klar. Auch an die Autoren: Ein Teil zwei ist konzeptimmanent. Wo kann man seine Vorschläge einreichen?
Die Alben:
Tankard – Hair Of The Dog (1989)
Demon – Breakout (1987)
Running Wild – Blazon Stone (1991)
Trixter – Trixter (1990)
Die Ärzte – Die Bestie in Menschengestalt (1993)
Stormwarrior – Heading Northe (2008)
Raven – Destroy All Monsters (Live In Japan) (1995)
Explorer – Symphonies Of Steel (1984)
The Vintage Caravan – Voyage (2012)
Grand Magus – Triumph And Power (2014)
Ashbury – Endless Skies (1983)
Accept – Blind Rage (2014)
Danko Jones – Garage Rock (A Collection Of Lost Songs From 1996 – 1998) (2014)
Marillion – Misplaced Childhood (1985)
Majesty – Thunder Rider (2013)
The Other – Fear Itself (2015)
Kingdom Come – Bad Image (1993)
Thundermother – Road Fever (2015)
Flotsam And Jetsam – Doomsday For The Deceiver (1986)