Von Matthias Bosenick (25.05.2015)
Die Jubiläums-Dreifachfolgen der drei Fragezeichen sind in der Regel um einiges attraktiver als die normalen Folgen, seit die Nummern dreistellig sind. Das ist bedauerlich, weil man sich auch für die normale Serie als Fan der frühen Stunden eine dauerhafte Mindestqualität wünscht. Dreifach überzeugten besonders die Episoden 100, „Toteninsel“, und 150, „Geisterbucht“, mit komplexen Handlungen und kompetenzübergreifenden Zusammenhängen, abgesehen von tatsächlichen Abenteuern, die die drei Ü40-Teenager zu bestehen hatten. Nummer 125, „Feuermond“, hatte so einige Längen, aber nicht so starke wie die aktuelle Nummer 175, „Schattenwelt“, an der erstmals drei Autoren arbeiteten: Anstatt dass sich ein einzelner eine lange Geschichte ausdachte, liefert hier ein Trio drei aufeinander bauende Fälle mit einem Gesamtergebnis ab. Die Geschichten sind, um es milde auszudrücken, ereignisarm.
Zuerst die positiven Aspekte: Man kann den drei Ermittlern entspannt dabei zuhören, wie sie sich als Gaststudenten auf einem Unicampus zurechtfinden. Sie meistern jede Hürde, kommen kaum in Fremdschämsituationen und brillieren in jeder noch so verzwickten Lage. Man gleitet so mit ihnen durch die sich wie beiläufig aufdrängenden Rätselhaftigkeiten. Da gab es in der DDF-Historie schon ganz andere Gelegenheiten, in denen sich die jungen Detektive in für sie fremden Situationen zunächst als rettungslose Trottel verhielten. Natürlich fördert es die Identifikation des Hörers mit den Charakteren, wenn sie Schwächen offenbaren, aber mit übertölpelten Ahnungslosen mag man sich nicht so recht dauerhaft anfreunden. Ein Mindestmaß an Souveränität tut den Figuren gut, sofern es im halbwegs realistischen Rahmen bleibt und nicht die Grenze zum Superhelden sprengt. Kann man durchaus schriftstellerisch bewältigen, den Spagat, die Aufgabe dürfte also auch für die Autoren der Serie nicht allzu schwer sein.
Große Abenteuer gibt es in der „Schattenwelt“ nicht zu erleben, denn ein Unicampus bietet dafür nicht ausreichend Raum, jedenfalls nicht oberirdisch. So kommt es auch, dass die drei Fragezeichen sowohl in die Fälle als auch in deren Lösungen problemlos und zufällig hineinstapsen. Große Ermittlungsaktivitäten sind kaum vonnöten, es reichen Beschattungen und Durchsuchungen. Die Jungs vom Schrottplatz suchen einen Endgegner namens „Teumessischer Fuchs“, den sie am Ende jeder Episode enttarnt zu haben glauben und der doch bis zum letzten Einsatz auf sie lauert. So recht angsteinflößend gebiert sich der aber nicht: Er ist kein Keyser Söze, kein Fantômas, sondern eher ein Schwarzer Mann, vor dem ältere Studenten verschwörerisch den Nachwuchs warnen.
Auslöser für die Ermittlungen ist das seltsame Verhalten von Bobs Vater, der an der entsprechenden Uni ebenfalls studierte und seinen Sprössling mit kryptischen Aussagen neugierig macht. Die Seltsamkeiten, die den dreien aus Rocky Beach an der Uni begegnen, scheinen nicht so rätselhaft zu sein, dass sie ihnen sofort nachgehen, etwa in der Luft stehende Vögel oder Raubtierbrüllen ohne Quelle, sondern sie ermitteln nach der Hälfte des ersten Teils zunächst an einem offenbar leichtsinnig dummen Dealer herum, der so tumb ist, dass er einen als Verbindung getarnten Drogenring im Eilflug auffliegen lässt. Im zweiten Drittel gibt es ein bisschen an der wahren Identität eines giftmischenden Hausmeisters herumzuermitteln, bis es im dritten Teil zum Showdown mit einem unethischen Wissenschaftler kommt, der sein Werk indes nicht bedrohlich, sondern schlicht bereichernd einsetzt.
So weit, so gut auch in einer Einzelepisode verfrühstückbar. Doch strecken die Autoren das dünne Gewese im guten Falle mit netten Gags und im leider auch gegebenen schlechten Falle mit hanebüchenen Unsinnigkeiten. Zu den Gags gehören die Sequenzen mit Peter als versehentlichem Dichter, dessen vermeintliche lyrische Unfähigkeit sich als angenehm individuell erweist. Zum größten Unsinn gehört die Hauptlösung: Der große Quatsch ist nur möglich dank Hypnose. Unterirdisch forschen die besten Studenten unter der Fuchtel des „Teumessischen Fuchses“ nämlich an zukunftsweisenden Dingen wie Tiervergrößerung, Flugdrohnen und rollbaren Handys herum, und das – man höre und staune – sogar schon seit Zeiten, zu denen einige der Dinge noch gar nicht auf der Agenda der Realität standen. Sehr visionär. Die ersten beiden als „Teumessicher Fuchs“ entlarvten Schwerverbrecher dienten lediglich zur Ablenkung, mit Hypnose und Geld wurden trotz allem neugierige Studenten dann eben mundtot gemacht. Und für was?
Egal. Mit Hypnose jedenfalls erklärten die sich selbst in die Ecke fabulierenden Autoren so manches Mal à la Deus ex machina die ausweglosesten Abstrusitäten, leider auch schon im eigentlich guten ersten Dreiteiler „Toteninsel“. Einmal nimmt man das vielleicht noch hin, aber in einer überzogenen Weise wie in der „Schattenwelt“ einfach mal nicht mehr.
Unangenehm fällt seit Jahren zudem auf, dass es den Hörspielmachern nur selten gelingt, bestimmte Atmosphären zu erzeugen. Sobald etwas rätselhaft oder unerklärlich sein soll, muss Peter „unheimlich“ sagen, damit der Hörer weiß, dass es den drei Fragezeichen gerade unheimlich zumute ist. Ist es aber nicht. Sicherlich ist es nicht einfach, Emotionen rein akustisch und immer wieder zu generieren. Dann aber bitte, sollen einfach jährlich weit weniger Bücher über die drei Fragezeichen verfasst werden. Sollen die Autoren ihre wenigen halbgaren Ideen nicht auf mehrere Geschichten verteilen, sondern sie zu einer guten bündeln. Zwischendurch gibt es doch immer mal einzelne herausragende Abenteuer mit nur wenigen Schwachsinnigkeiten und dem absoluten Wiederhörwunsch: 131, „Haus des Schreckens“, 153, „und das Fußballphantom“, 157, „Im Zeichen der Schlangen“, 166, „und die brennende Stadt“ und 169, „Die Spur des Spielers“. Dazu kommt leider, dass die Charakterzeichnungen der drei Jungen in der Hörspielfassung zusehends unsympathischer ausfallen. Vielleicht sollte man sich als Autorenteam wirklich langsam davon verabschieden, die drei Fragezeichen als Jugendliche zu gestalten, und ihnen das Alter geben, das mindestens die Sprecher und häufig auch die Hörer inzwischen haben. Ihre Umgangsformen und Verhaltensweisen nimmt man Dreikäsehochs jedenfalls längst nicht mehr ab.
Warum bleibt man ihnen dennoch treu? Es ist vielleicht wie bei Unfallgaffern, man will ins Auge des Elends blicken. Und es bleibt die Hoffnung, doch noch mit etwas Hervorragendem zurückgeholt zu werden. Bei „Schattenwelt“ ist es zudem der Umstand, dass die Folge wie fast jede Dreierfolge auch auf Vinyl erscheint, als Picture-Vinyl gar. Macht sich gut in der Sammlung. Immerhin. Optisch.
Ansonsten sieht es nach einem Boom vor rund zehn Jahren auch mit alternativen Hörspielserien heute mau aus. Point Whitmark als direkter Konkurrent weiß in der Regel um Längen mehr zu begeistern als das Original, gelegentlich sogar die Drei-Fragezeichen-Autoren, die sich bei den Ideen der drei Ostküstenermittlern bedienen. Der Rest an Serien ist technisch weitgehend gut gemacht, krankt aber auch oft an langweiligen, vorhersehbaren bis wahnwitzigen Geschichten. Was bleibt also anderes, als doch wieder auf die alten Lieblingsfolgen zurückzugreifen. Davon gibt’s genug, sogar bis in die 90er-Nummern hinein.