The Sandmen – Himmelstormer – 500% Records 2019

Von Matthias Bosenick (11.02.2020)

Helden der Hymne! Auf „Himmelstormer“ greifen The Sandmen zurück in die Vergangenheit, aber nicht in ihre eigene: Die Rockband aus Dänemark integriert Sounds und Strukturen aus den Achtzigern in ihre Songs, die sie selbst zu der Zeit gar nicht verwendeten. Nicht nur damit emanzipieren sie sich von ihrer eigenen Historie: „Himmelstormer“ ist das zweite Album auf Dänisch und das erste auf ihrem eigenen Label 500% Records, benannt indes nach einem Song auf ihrem Album „Western Blood“ von 1988. „Himmelstormer“ ist wie ein attraktives Radioprogramm: unterschiedliche Stile, mal rockend, mal tanzbar, mal balladesk, und immer mit Ideen im Sound, die andere an der Stelle nicht gesetzt hätten. Gelungen!

Eine unausweichliche Wehmut dringt aus den neuen Songs der Sandmen. Damit klingen sie 2019 mehr nach ihren waverockigen Kollegen Sort Sol als nach D-A-D, mit denen man sie anfangs noch verwechseln konnte. Den Hit „Five Minutes Past Loneliness“ von 1992 jedenfalls ordneten viele unbedarfte Hörer fälschlich den dänischen Cowboy-Rockern zu, nicht ganz zu Unrecht. Mitte der Neunziger kam es bei den Sandmen zum Split, und nach der Reunion Mitte der Nullerjahre sowie nach dem Tod des Gitarristen Sam Mitchell veränderte die Band ihren Sound in eine dunklere Indie-Dance-Richtung. „White Trash Red Front“ und „Shine“ hatten deutlich mehr Gewicht als die Hits der Indie-Jugend aus der nämlichen Zeit und fußten auf intensivere Erfahrungen, schließlich ließen sich The Sandmen bereits in den Neunzigern vom Madchester-Sound inspirieren.

Aber dann kam es zur nächsten Zäsur: Gründungsmitglied Ole Wennike stieg aus, The Sandmen machten mit Sänger Allan Vegenfeldt, Schlagzeuger Michael Illo Rasmussen und Gitarrist Stefan Moulvad als Trio weiter, im Geiste ergänzt von zwei weiteren Musikern, die sich auch am Songwriting beteiligten und mit denen ab „Den bedste dag“ 2014 nicht nur die Musik eine Politur erfuhr, sondern auch die Texte vom Englischen ins Dänische übergingen. „Himmelstormer“ setzt den eingeschlagenen Kurs fort, und ausgerechnet die nicht dem festen Lineup zugeordneten Musiker, Bassist Jens Hein und Keyboarder Palle Hjorth, scheinen auf diesem Album maßgeblich den Sound zu beeinflussen.

Die Grundlagen für diesen Sound bildete schon immer Rockmusik, nicht selten in der Garage angerauht und bisweilen gleichzeitig – das ist eine Kunst! – mit etwas Glam zum Glänzen gebracht. Die Keyboardsounds auf „Himmelstormer“ nun verleihen diesem kraftvollen wie hymnischen Cocktail den Hauch von dunklem Achtziger-Synthiepop, Dub und Disco. In zwei Fällen bremsen die Sandmen ihr Tempo ins Balladeske ab, und sobald man etwa bei „Fuldmåne“ glaubt, es werde kitschig, rettet die Band den Song mit überraschender Opulenz und plättender Wucht. So sind die Songs auf diesem Album nicht länger einfach nur Rock’n’Roll, sie sind mehr, sie sind ungreifbar. Und auf Dänisch funktioniert Vegenfeldts rauhe Stimme noch besser.

Das Album gibt es auf Vinyl, dieses Mal anders als beim Vorgänger ohne einen Bonus-Song, dafür aber in einer sehr raren, aber dafür schönen Auflage in Swimmingpoolblau. Danke an dieses Trio mit fünf Köpfen: Tak skal du har!