The Punchliner 9 – Axel Klingenberg, Andreas Reiffer (Hg) – Verlag Andreas Reiffer 2012

Von Matthias Bosenick (26.10.2012)

Das neunte „Jahrbuch der Slam Poetry- und Lesebühnenszene“ ist erstaunlich, weil: erstaunlich brav, erstaunlich gewöhnlich. Vielleicht liegt es ja eben an der Gewöhnung des Lesers, vielleicht ist bei manchen Autoren einfach nur die Luft raus, aber die Beiträge überraschen leider nicht alle so recht. Es fehlt die letzte Konsequenz, der Mut zum Biss, der abseitige Dreh. Das ist sehr bedauerlich. Das Vergnügen an diesem Kompendium resultiert indes aus dem Wissen: Live knallt’s, da kommt’s gut, da macht’s Laune.

Bisweilen sind die Gags einfach zu naheliegend, da machen sich die Autoren nicht die Mühe, Lacher anders zu erzeugen als mit Witzen über Furze, Schwänze, Sex. Andere Themen sind auch ohne solche Pointen recht abgenutzt: Stadtkind, Biobauer, Paarkonstellation, sowas. Eine Geschichte erinnert zunächst an „A Modest Proposal“ von Jonathan Swift: Die Ich-Erzählerin möchte ein Kind essen. Man freut sich, weil das so unverblümt bösartig ist, doch sobald es dazu kommen könnte, kneift sie schlichtweg – eine verpasste Chance für eine wie auch immer geartete überraschende Wendung.

Aber es sind ja gottlob nicht alle Beiträge so. Michae-El Goehre erweitert sein Black-Metal-Universum um das geliebte Gefühl „Anti-Hass“, Björn Högsdal nimmt LSD-geschwängert Kontakt mit seiner Couch auf und Anna Breitenbach vergleicht in einem gedichtartig schmal gedruckten Fließtext ihren Schreibtischstuhl mit einem Pferdesattel. Großartig ist auch Potts Cover, auf dem ein buchschwingendes Skelett einen Fernseher bedroht (und sich auf der Rückseite doch geschlagen geben muss). So ist das Ganze auf jeden Fall ein Appell ans Lesen, an ein Interesse für Literatur, für Literatur-Shows, fürs Schreiben. Und es macht sich sicher gut unterm Weihnachtsbaum.

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