Phillip Boa And The Voodooclub – Loyalty – Cargo Records 2012

Von Matthias Bosenick (17.09.2012)

Das kann er, der Dortmunder Ernst Ulrich Figgen: Hymnen schreiben, sie selbst gleich singen oder von Pia Lund singen lassen, interessante Arrangements zusammenstellen, kurz: gute Musik im wiedererkennbaren Stil machen. Sein 17. Album „Loyalty“ bestätigt das. Schon immer schimmerte bei dem als Phillip Boa Bekannten der pure Pop unter seinem Indierock durch, oder anders: Boas Vorstellung von Pop war schon immer eher schräg. Auf „Loyalty“ nun fährt er das Schräge zugunsten des Gefälligen zurück, bleibt dabei aber grundsätzlich er selbst.

Musikalisch ist „Loyalty“ kaum so recht radikal, man könnte fast glauben, Boa habe etwas den Mut oder die Wut verloren. Es ist, als habe er seinen gewohnten Sound entstört. Das macht natürlich die Hymnen hymnischer und die Ohrwürmer eingängiger, lässt es aber an den vertrauten Unterschieden zu anderen Popschaffenden vermissen. Dennoch, die Songs sind kompakt, (hüstel) catchy und harmonisch; von so etwas wie einem Karrieretief ist „Loyalty“ weit entfernt. Das durchschritt Boa bereits mit „Lord Garbage“ 1998, seitdem sind alle Alben hervorragend.

Längst ab legte Boa sein Image als Arschloch. Inzwischen weiß er, dass er in Interviews bisweilen aus Hilflosigkeit Unsinn spricht, und gibt das gern zu. Allein mit diesem Kniff fällt es dem Fan leicht, allen Unsinn zu dulden und festzustellen, dass Boas Unsinn so groß gar nicht ist. Und nun im Gegenteil: Mit „Loyalty“ rückt er denen, die ihm treu sind, ein Stück näher. In Zeiten, in denen vergnatzte Künstler auf Downloads, Piraterie und mp3 schimpfen, verlegt Boa seinen Fokus auf die andere Seite, nämlich auf die Leute, die für Kunst noch Geld ausgeben, die ihm treu sind, also auf die Fans. Mit dem Album fühlt man sich daher beschenkt und findet es gleich noch toller.

Geschenkt bekommt man als Deluxe-Käufer übrigens eine stattliche Anzahl Bonustracks, die dem Gesamteindruck nichts Wesentliches hinzufügen, aber den Fluss auch nicht stören. Das Album ist gut so, auch in der langen Version. Und spätestens, wenn man sich die beigelegte DVD anschaut, weiß man: Bei der Musik steckt die Schönheit im Detail. Und doch: Solche Knaller wie „Burn All The Flags“, „Fiat Topolino“ oder „On Tuesdays I’m Not As Young“ vermisst man dann schon. Aber was soll’s, seichter als „C90“ ist „Loyalty“ auch wieder nicht, und „C90“ hört man ja auch gerne.

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