Nac/Hut Report – Schism No Symmetry – Double Hallucinative Records 2015

Von Matthias Bosenick (02.10.2015)

Das ist mal eigenwilliges Zeug: Ein experimentelles Polnisch-Italienisches Projekt lässt den Synthie scharfkantige Effekte rhythmisch anordnen und dazu die Gitarren flirren. Weiblicher Gesang besorgt die Wohlfühlelemente in diesem gewöhnungsbedürftigen Sound. Das erinnert an eine harsche Variante von den Young Marble Giants, kompromisslos in die Gegenwart transferiert. Wohlklang geht anders, aber schon nach einem halben Hördurchgang mag man sich dem Sog dieser sperrigen beatlosen Musik nicht entziehen wollen.

Es ist immer schön, zu erleben, dass man auch im Jahre 2015 noch von neuer Musik überrascht werden kann. In diesem Falle ist die Grundkonstellation extrem simpel: Synthie, Gitarre, Stimme. Aber Pop geht anders. Der Synthie dröhnt, schabt, kratzt, rüttelt, poltert, blubbert, fiept, zerrt an den Nerven. Tempo braucht er dafür nicht. Aber Aufmerksamkeit. Die fordert er ein und bekommt er zwangsläufig, ein entspanntes Nebenbeihören ist hier nicht möglich, und das, obwohl die Tracks eher still und entspannt temperiert erscheinen. Dafür sind die Basisgeräusche einfach zu eigenwillig.

Darüber liegen Gitarren, die sich ebenfalls gegen eine Verpoppung wehren. Die eine Gitarre fällt in die Noiseproduktion ein, die andere besorgt manche harmonische, rudimentär melodiöse, fast warme Teppiche. Konzentriert man sich auf diese zweite Gitarre, erlebt man wohlige Erinnerungen an Shoegazemusik aus Großbritannien von vor 25 Jahren. Doch ist die eben unterfüttert mit dem Noisegerüst, das vom reinen Eskapismus ablenkt. Als Krönchen sitzt über allem an ausgewählten Orten eine erwachsene, feine Frauenstimme mit Tiefe und Tiefgang. Auch diese konterkariert den stillen Lärm. Was für ein herrlicher Kontrast. Und: Beats gibt es gar nicht, keinen einzigen. Den Rhythmus besorgen die ungemütlichen Synthieeffekte.

Das Projekt ist rätselhaft und umtriebig; zwar ist dies erst das zweite Album, aber schon die fünfte Veröffentlichung. Und abgesehen davon, dass auch die Young Marble Giants aus ähnlichen Komponenten bestanden, ist der Nac/Hut Report heutzutage mal echt einzigartig. Und deutlich schriller als die jungen Marmorriesen. Einziges Manko ist, dass sich die Tracks recht ähnlich sind. Schadet nix.

Zum Streamen und Bestellen gibt es das Album hier.